Im Februar beginnt traditionell die Hauptsaison für Skitouren in Osttirol. Im Land der 266 Dreitausender, das zur Hälfte über 2.000 Meter Seehöhe liegt, finden Fans der beliebten Wintersportart bis weit ins Frühjahr hinein unberührte Natur und hochalpine Gebirgszüge, so weit das Auge reicht.
Neben zahlreichen ein- und mehrtägigen Klassikern wartet die Wintersportdestination südlich des Alpenhauptkamms mit eigens für Firngeher geöffneten Hütten auf. Dank lokalen Guides und ausgewiesenen Routen können sich die Bergsportler zudem auf Sicherheit und professionelles Know-how verlassen.
Tagestour in den Lienzer Dolomiten
Eine der schönsten Skitouren in den Lienzer Dolomiten führt in den Laserzkessel rund um die Karlsbader Hütte mit Abfahrten für alle Schwierigkeitsgrade. Von Tristach gelangt man zum Parkplatz Kreithof und steigt dann gemütlich über die Dolomitenhütte zur Karlsbader Hütte auf, was etwa drei Stunden dauert. Von dort bietet die Ödkarscharte auf 2.600 Metern nach einer Stunde Anstieg ein aussichtsreiches Panorama und lohnende Abfahrten.
Auch das schneesichere Defereggental eröffnet im Frühjahr zahlreiche Möglichkeiten für Anfänger und Genusstourengeher. Vom Ausgangspunkt Staller Sattel auf 2.052 Metern startet die Route zur Roten Wand. Der 2.818 Meter hohe Aussichtsberg ist über weites Muldengelände durch das Ackstaller Tal erreichbar. Der Aufstieg über 800 Höhenmeter dauert etwa zweieinhalb Stunden. Die Abfahrt folgt der gleichen Strecke zurück ins Tal.
Mehrtägige Klassiker mit Hüttenübernachtung
Die Skiroute „Hoch Tirol” ist eine sechstägige Hochgebirgstour in den Ostalpen über mehr als 18.000 Höhenmeter und 140 Kilometer, die von Kasern in Südtirol durch die mächtige Gipfel- und Gletscherlandschaft des Venedigergebiets bis zum Großglockner – dem mit 3.798 Metern höchsten Berg Österreichs – führt.
Die Durchquerung gilt als die „Kaiserin” unter den Frühjahrsskitouren – sind zu dieser Zeit doch schon ein paar Hütten nicht nur mit Winterräumen geöffnet, sondern auch als Stützpunkte samt Schlaf- und Verpflegungsmöglichkeiten. Die Route führt über das Umbaltörl nach Osttirol zur Essener-Rostocker-Hütte. Von dort wird der 3.360 Meter hohe Große Geiger erklommen. Nach einer Übernachtung auf der Johannishütte führen knapp 1.500 Höhenmeter auf den 3.674 Meter hohen Großvenediger.
Die Tour beinhaltet anspruchsvolle Abfahrten ins Innergschlöss – gefolgt von Aufstiegen zur Amertaler Höhe, zur Granatscharte und auf den 3.088 Meter hohen Stubacher Sonnblick. Am fünften Tag geht es auf die 3.086 Meter hohe Granatspitze, bevor eine Steilabfahrt zum Dorfersee und weiter zum Taurerwirt in Kals führt. Den krönenden Abschluss bilden die Besteigung des Großglockners am sechsten Tag ab der Stüdlhütte und die Abfahrt zum Lucknerhaus. Skitourenerfahrung, Kletterkenntnisse und gute Kondition sind unbedingt erforderlich. Außerdem wird die Begleitung durch einen Osttiroler Berg- und Skiführer empfohlen.
Drei Fragen an Berg- und Skiführer Vittorio Messini
Welche wesentlichen Unterschiede gibt es bei der Skitourenplanung im Hochwinter im Vergleich zum Frühjahr?
Vittorio Messini: „Hauptunterschied ist der zeitliche Faktor. Im Frühjahr beginnt der Tag für Skitourengeher oft einige Stunden früher als im Hochwinter. Manchmal ist sogar ein Start mit Stirnlampe nötig – je nach Länge der geplanten Tour. Im Hochwinter ist die Sonne schwach, wodurch der Schnee viel länger braucht, um sich zu setzen – besonders auf nordseitigen Hängen. Im Frühjahr hingegen verläuft dieser Prozess deutlich schneller, was teilweise schon während des Schneefalls durch die stärkere Sonneneinstrahlung geschieht. Unabhängig von der Jahreszeit spielen Lawinengefahr und Wetter eine sehr große Rolle. Meist basiert die Tourenplanung auf diesen beiden Punkten und man entscheidet dann erst über das Ziel. Besonders in Osttirol gilt der Zeitraum von Februar bis Ende April als beste Zeit für Skitouren, da dort im Frühjahr meist optimale Bedingungen herrschen.”
Was gehört in jeden Skitourenrucksack?
Vittorio Messini: „Die Notfallausrüstung ist unabhängig von der Jahreszeit und gehört immer in den Rucksack: LVS-Gerät, Schaufel und Sonde zählen zur Grundausstattung. Im Hochwinter sollte der Airbag-Rucksack dabei sein. Dieser nutzt im Frühjahr bei harten Firnverhältnissen allerdings kaum, da er bei Nassschneelawinen nicht von Vorteil ist. In den wärmeren Monaten sind Harscheisen wichtig, da der Untergrund frühmorgens oft hart und gefroren ist. Es schadet aber nie, diese dabei zu haben. Denn manchmal sind Gipfel oder Hänge unabhängig von der Jahreszeit durch starken Wind verblasen und vereist. Meine weiteren Empfehlungen für die Packliste: Skitourenhelm, Sonnenbrille, Rettungsdecke, Biwaksack, Reparaturset, Daunenjacke, Thermoskanne, Snacks und Wechselwäsche nicht vergessen.”
Welche Vorteile bietet eine Skitour im Frühjahr im Vergleich zum Hochwinter, sowohl in Bezug auf die Schneeverhältnisse als auch auf das Gesamterlebnis?
Vittorio Messini: „Das ist nicht leicht zu beantworten. In der kalten Jahreszeit durch eine idyllisch verschneite Winterlandschaft aufzusteigen, um dann auf unberührten Pulverschneehängen abzufahren, ist ein irres Erlebnis. Als eher unangenehm empfinden viele die tiefen Temperaturen, da frieren Finger und Zehen gern mal ein. Ich mag die Zeit ab März, wenn die Tage wieder länger werden und die Sonne schon richtig Kraft hat, auch sehr gern. Wir haben in Osttirol 266 Dreitausender und vergletscherte Landschaften mit unzähligen Möglichkeiten bis ins späte Frühjahr. Selbst im April und Mai ist Pulverschnee auf nordseitigen Abfahrten möglich. Einige Hütten öffnen für Skitourengeher bereits ab März.”
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.