Das Wetter ist eine Wundertüte an der deutschen Nordseeküste. Man weiß nie, was ein neuer Tag daraus hervorholt. Mit etwas Glück kann man eine Woche mit 30 Grad unter einem strahlend blauen Himmel erleben, mit viel Pech aber auch eine Reihe von Tagen mit Regen, Sturm und strammen 15 Grad – und meist gibt es das alles innerhalb von 24 Stunden: Sonne, Wind, Wolken und Regenschauer.
Strandkörbe auf Sylt (c) Sylt Tourismus
Das klassische Nordseewetter macht aber auch viel von der Faszination der drei nordfriesischen Inseln Sylt, Amrum und Föhr aus. Amrum wirbt sogar mit dem Slogan „Alle Wetter – jederzeit“. Denn schließlich ist es ja Natur pur, was der Urlauber hier sucht und so kraftvoll und schön nirgendwo am Mittelmeer finden wird: das Tosen der Brandung, die ungestüm gegen die Inseln kracht, der stürmische Wind, der die dunklen Wolken tief über die Sanddünen jagt, die Robben, die gemütlich auf den Sandbänken dösen, und die malerischen Sonnenuntergänge, die Strände und Klippen vergolden.
Dazu kommt das Leben mit den Gezeiten. Als würde der Ozean ein- und ausatmen, füllt und leert sich zweimal täglich das „Wattenmeer“ zwischen Inseln und Festland. Wo bei Flut wegen der starken Strömung nicht einmal Schwimmen möglich ist, kann man bei Ebbe ausgedehnte Spaziergänge unternehmen und sogar von Insel zu Insel wandern. Drei Stunden dauert zum Beispiel die acht Kilometer lange Wattwanderung von Amrum nach Föhr. „Schuhe ausziehen und rein in den Matsch!“ klingt zwar nicht besonders intelligent, macht aber Spaß und ist vor allem für Kinder ein ganz großes Abenteuer.
Mehr als 20 Grad erreicht das Meer auch im Hochsommer nur selten. Ferien an der Nordsee sind daher eher Sommerfrische als Badeurlaub. Die Hochsaison dauert von Mitte Juni bis Mitte September, immer mehr Gäste kommen aber auch in der ruhigeren Vor- und Nachsaison. Pauschalreisen werden kaum angeboten, man bucht direkt eines der Hotels oder eine Ferienwohnung.
Strandkörbe gibt’s auch schon mit Sitzheizung
Ansonsten braucht man nur ein Leih-Fahrrad, um mobil zu sein, und zum Faulenzen einen Strandkorb, ohne den ein gelungener Nordseeurlaub undenkbar wäre. Die Miete beträgt je nach Insel und Strand sechs bis zehn Euro pro Tag. Dafür schützt der Strandkorb perfekt vor dem Wind, ist tausendmal bequemer als jede Strandliege und eignet sich bestens als zweites Wohnzimmer direkt am Meer. Zudem bestimmt man selbst, wo er hingestellt wird – und das kann gleich in der Nähe des Restaurants mit den köstlichen Fischbrötchen sein oder auch an einem einsamen Plätzchen, ein paar Hundert Meter vom nächsten Korb entfernt.
Platz ist genug vorhanden, am fast 40 Kilometer langen Weststrand auf Sylt ebenso wie am einen Kilometer breiten „Kniepsand“ auf Amrum – dem angeblich breitesten Strand Europas. Rund 13.000 Strandkörbe stehen allein auf Sylt bereit, wo sie auch produziert werden. 300 bis 400 Euro kostet ein Stück, bei Sonderwünschen können es aber auch bis zu 1500 Euro sein, wenn man sich zum Beispiel eine Sitzheizung einbauen lässt. Auch spezielle Strandkörbe für Hunde sind erhältlich.
Von der „Whisky-Straße“ bis zur „Sansibar“
Mit Sylt, Amrum und Föhr stehen in Nordfriesland drei Inseln zur Auswahl, von denen jede ihren eigenen Charme und Charakter besitzt. Einen Namen hat sich bis jetzt aber nur Sylt als Urlaubsziel der Schönen und Reichen gemacht. Sie haben die Mieten inzwischen so in die Höhe getrieben, dass die meisten Einheimischen auf das Festland umziehen mussten und nun täglich zur Arbeit auf die Insel pendeln. Von den 20.000 Einwohnern sind heute nur noch gut 2.000 echte Sylter. „Der Rest sind Deutsche, für die können wir nichts“, sagen die Nordfriesen.
Wer dazu gehören will, parkt seinen Mercedes vor den Bars der „Whisky-Straße“, wo nur Champagner ausgeschenkt wird, und speist in der „Sansibar“, die als Symbol der noblen Sylter Welt gilt: Aus einer kleinen Bretterbude am Strand von Rantum wurde im Laufe der Jahre eines der berühmtesten Feinschmeckerlokale Deutschlands, das mittags und abends meist auf Monate hinaus ausgebucht ist.
Die Preise für die fantastischen Steaks beginnen bei 30 Euro, ein „Wiener Schnitzel mit Sahnemöhren und Kartoffelpüree“ ist aber auch schon um 20 Euro zu haben, und so viel kostet auch der legendäre Vorspeisenteller. Nicht gerade billig, aber das Preis-Leistungsverhältnis stimmt wie fast überall an der deutschen Nordseeküste. Touristen-Nepp, wie wir ihn von den Mittelmeerländern in allen Spielarten kennen, ist hier unbekannt.
Die Amrumer war keine Strandräuber
Wer Sylt zu laut findet, wählt die kleinere Insel Amrum, die zu je einem Drittel aus Strand, Dünen und bewohnbarem Land mit Dörfern, Wiesen und Wäldern besteht. Hier geht es deutlich ruhiger und gemütlicher zu, und die rund 2.000 Einwohner kennen noch Tausend andere Gründe, warum Amrum besser ist als Sylt.
So waren zum Beispiel die Amrumer – im Gegensatz zu den Syltern – in früheren Zeiten garantiert keine Strandräuber, die Schiffe mit falschen Leuchtfeuern vor ihrer Insel auf Grund laufen ließen, um sie danach zu plündern. Und der Sand ist natürlich auf Amrum auch viel feiner als auf Sylt…
Zwei steirische Feldjäger ruhen auf Föhr
Die fast kreisrunde Insel Föhr liegt als einzige mitten im Wattenmeer und ist so etwas wie das Waldviertel unter den Nordseeinseln: nur ein paar Kilometer Strand, aber viele Felder und Wiesen, dazwischen kleine Dörfer mit Landwirtschaft und ein paar Gästezimmern. Perfekt für Radfahrer und alle, die keine Angst vor Langeweile haben.
Ein Grabstein vor der Kirche St. Nicolai int Wyk verrät, dass es schon vor 145 Jahren ein paar Österreicher hierher verschlagen hatte. Ein steirisches Feldjäger-Bataillon half den Preußen im Jahr 1864, die nordfriesischen Inseln von den Dänen zu „befreien“, obwohl die Nordfriesen gar nicht befreit werden wollten. Zwei Steirer kamen ums Leben – allerdings nicht im Kampf, sondern in einem Duell um eine schöne Frau aus Wyk…
Kampen (c) Sylt Tourismus Kampen (c) travel by tropf Strandkorb (c) Sylt Tourismus Kuh (c) Sylt Tourismus Leuchtturm (c) Sylt Tourismus Sylt (c) travel by tropf Kampen (c) travel by tropf Amrum (c) Amrum Tourismus Strand auf Föhr (c) travel by tropf Ebbe auf Föhr (c) travel by tropf