Frankreich: Die Wiedereröffnung von Notre-Dame de Paris

Am 15. April 2019 musste die ganze Welt macht­los mit­ver­fol­gen, wie ein ver­hee­ren­der Groß­brand die 850-jäh­rige Ka­the­drale Notre-Dame de Pa­ris zer­störte. Die Turm­spitze, die Dä­cher des Kir­chen­schiffs und der Sei­ten­schiffe so­wie die ge­samte Dach­kon­struk­tion wur­den da­bei schwer be­schä­digt.

Nach Jah­ren in­ten­si­ver Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten wird Notre-Dame am 8. De­zem­ber 2024 fei­er­lich wie­der­eröff­net. Jähr­lich wer­den na­hezu 15 Mil­lio­nen Gläu­bige und Be­su­cher aus der gan­zen Welt er­war­tet, die sich dar­auf freuen, das Wahr­zei­chen von Pa­ris wie­der­zu­ent­de­cken.

Bis zu 40.000 Men­schen pro Tag soll die Ka­the­drale in Zu­kunft emp­fan­gen, mit ei­ner ma­xi­ma­len Ka­pa­zi­tät von 2.500 Per­so­nen gleich­zei­tig, also fast dop­pelt so viel wie das Schloss von Ver­sailles und ein Drit­tel mehr als der Lou­vre.

Liturgische Möbel, Vasen und Gegenstände

Mess­ge­wand von Jean-Charles de Cas­tel­ba­jac (c) Jean-Jac­ques de Cas­tel­ba­jac /​ Alix Mar­nat

Der Al­tar ist aus Bronze, mit ei­ner kraft­vol­len, zeit­lo­sen Äs­the­tik, und wurde vom fran­zö­si­schen De­si­gner und Bild­hauer Guil­laume Bar­det kon­zi­piert und ent­wor­fen. Er wird sich har­mo­nisch in die sa­krale Um­ge­bung der Ka­the­drale ein­fü­gen und mit dem gol­de­ner Farb­ton des Steins und dem Licht der Bunt­glas­fens­ter har­mo­nie­ren. Der Bild­hauer wurde auch mit der Ge­stal­tung der Va­sen und lit­ur­gi­schen Ge­gen­stände be­auf­tragt, da­mit Bap­tis­te­rium, Ambo, Ka­the­dra und Ta­ber­na­kel  zu­sam­men­pas­sen.

700 lit­ur­gi­sche Ge­wän­der wur­den von fran­zö­si­schen Kunst­werk­stät­ten in Zu­sam­men­ar­beit mit Jean-Charles de Cas­tel­ba­jac ent­wor­fen und her­ge­stellt. 1.500 Stühle aus fran­zö­si­scher Ei­che aus der Re­gion So­lo­gne wur­den von ei­nem Fa­mi­li­en­be­trieb in der Re­gion Lan­des ge­mein­sam mit der fran­zö­si­schen De­si­gne­rin Ionna Vau­t­rin her­ge­stellt. Zu 100 Pro­zent bio­lo­gisch ab­bau­bare Vo­tiv­ker­zen stam­men von Cier­ge­rie aus Lour­des in den Py­re­näen, ei­nem der welt­weit be­deu­tends­ten Wall­fahrts­orte. Der Re­li­qui­en­schrein stammt von Syl­vain Du­buis­son, die üb­rige Aus­stat­tung von Vin­cent Duopnt-Rou­gier.

Traditionelle französische Restaurateure

Die Gie­ße­rei Cor­niIle-Ha­vard

Cor­nille-Ha­vard in der Nor­man­die, das als „letz­ter Glo­cken­bauer Frank­reichs” be­kannt ist, hat eine tiefe Ver­bun­den­heit mit Notre-Dame. Im Jahr 2013 wur­den acht neue Glo­cken für die Ka­the­drale zum 850-jäh­ri­gen Ju­bi­läum und vor kur­zem eine 9. Glo­cke, die Sie­ges­glo­cke, die die Olym­pia­sie­ger und Pa­ra­lym­pics-Sie­ger von Pa­ris 2024 im Stade de France läu­te­ten, be­vor sie nach Notre-Dame de Pa­ris ge­bracht wurde.

Nach dem Brand im Jahr 2019 wurde die Gie­ße­rei Cor­nille-Ha­vard mit der Rei­ni­gung der Glo­cken der Ka­the­drale und der Re­stau­rie­rung von zwei von ih­nen, die durch die Hitze in Mit­lei­den­schaft ge­zo­gen wur­den, be­auf­tragt. Die Ent­fer­nung im Juli 2023 er­mög­lichte auch die Wie­der­her­stel­lung des Nord­tur­mes und der Teil der Dach­kon­struk­tion, die spe­zi­ell für die Glo­cken ge­baut wurde, um ihr Ge­wicht und ihre Be­we­gung zu tra­gen, so­wie auch ihre Schwin­gun­gen zu ab­sor­bie­ren, da­mit sie nicht durch das Mau­er­werk wi­der­hal­len.

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Notre-Dame de Pa­ris (c) Eti­enne Cas­te­lein

Die Sie­ges­glo­cke der Olym­pi­schen Spiele in Pa­ris 2024 fin­det ih­ren Platz auf ei­ner Em­pore in der Nähe der Or­gel ne­ben zwei neu ge­gos­se­nen Glo­cken. Sie wird zu den fei­er­lichs­ten Au­gen­bli­cken des Got­tes­diens­tes und zum ers­ten Mal wäh­rend der Christ­mette er­tö­nen und so den Klang des Olym­pia­sie­ges in den kom­men­den Jahr­zehn­ten hin­aus­tra­gen.

Das Glo­cken­en­sem­ble Notre-Dame de Pa­ris wird bei der Wie­der­eröff­nung aus elf Glo­cken be­stehen, neue kleine Glo­cke Ma­rie, die sich der Glo­cke Em­ma­nuel im Süd­turm an­ge­schlos­sen hat, und die neun Glo­cken der Gie­ße­rei Cor­niIIe-Ha­vard im Nord­turm. Die Em­ma­nuel Bour­don ist die ein­zige Glo­cke in der Ka­the­drale Notre-Dame de Pa­ris, die wäh­rend der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­tion nicht  zu Ka­no­nen­ku­geln ein­ge­schmol­zen wurde, stammt aus dem 17. Jahr­hun­dert und ist so­mit die äl­teste Glo­cke der Ka­the­drale.

Ma­nu­fak­tu­ren von Go­be­lins, Be­au­vais und Au­bus­son

Sie­ben neue Ori­gi­nal-Wand­tep­pi­che wur­den bei den na­tio­na­len Ma­nu­fak­tu­ren in Auf­trag ge­ge­ben, um die Ka­pel­len der Ka­the­drale zu schmü­cken. Das We­ben soll 2025 be­gon­nen wer­den, aber in der Zwi­schen­zeit wird die Ka­the­drale Notre-Dame de Pa­ris mit Wand­tep­pi­chen von ei­ni­gen der größ­ten Ma­ler des 20. Jahr­hun­derts für die Wie­der­eröff­nung aus­ge­stal­tet. Be­auf­tragt wur­den die zeit­ge­nös­si­schen Künst­ler Mi­quel Bar­celé und Mi­chael Ar­mi­tage, die sa­krale Kunst und Fer­tig­kei­ten ver­bin­den und von Na­tio­na­len Go­be­lins und Be­au­vais Ma­nu­fak­tu­ren so­wie von ei­ner pri­va­ten Werk­statt in Au­bus­son pro­du­ziert wer­den.

Notre-Dame de Pa­ris (c) Ju­lio Piatti

Dach­kon­struk­tion und Turm­spitze

Die Dach­kon­struk­tion aus Ei­chen­holz und die Blei­dä­cher des Kir­chen­schiffs, des Cho­res und des Quer­schiffs wur­den in ih­ren ur­sprüng­li­chen Zu­stand zu­rück­ver­setzt und ste­hen sinn­bild­lich für die Durch­füh­rung des Pro­jekts, da sie die Wie­der­auf­er­ste­hung der ge­sam­ten Ka­the­drale von au­ßen her sicht­bar ma­chen.

Tat­säch­lich gab es zwei ge­trennte Um­set­zun­gen:

  • Die Re­kon­struk­tion des Tur­mes und des ho­hen Da­ches des Quer­schiffs, er­rich­tet zwi­schen 1859 und 1864 vom Ar­chi­tek­ten Viol­let-le-Duc.
  • Die Re­kon­struk­tion des gro­ßen Da­ches von Kir­chen­schiff und Chor, des­sen Dach­stuhl aus dem frü­hen 13. Jahr­hun­dert stammt.

Um den Turm, den Viol­let-le-Duc 1859 er­rich­tet hatte, iden­tisch wie­der auf­zu­bauen, wur­den Ge­rüste in ei­ner Höhe von bis zu 100 Me­tern er­rich­tet. Dann wurde die Turm­spitze auf­ge­setzt, mit Blei über­zo­gen, ver­ziert und mit ei­nem Kreuz und ei­nem Hahn ge­krönt.

Die Kon­struk­tion der Ka­the­drale, eine der äl­tes­ten in Pa­ris, be­stand aus drei- oder vier­hun­dert Jahre al­ten Bäu­men. Die Ar­beit von Zim­mer­leu­ten, Ar­chi­tek­ten und Wis­sen­schaft­lern hat es mög­lich, den ur­sprüng­li­chen Zu­stand wie­der her­zu­stel­len, in­dem es un­ter Wah­rung der Ar­chi­tek­tur­stile und ar­chi­tek­to­ni­schen Ein­schrän­kun­gen al­tes Hand­werk mit mo­der­nen Tech­ni­ken zum Ent­wer­fen, For­men und Zu­sam­men­bauen der Kon­struk­tion ver­band.

Notre-Dame de Pa­ris (c) Liam Hoarau

Tisch­le­rei Au­bert-La­b­an­sat

In den Werk­stät­ten von Au­bert-La­b­an­sat in Cou­tances wurde eine au­ßer­ge­wöhn­li­che zwölf Me­ter hohe Treppe für die Ka­the­drale Notre-Dame ge­baut. Diese ei­gen­tüm­lich kom­plexe Ar­beit ver­deut­licht die Ex­zel­lenz des lo­ka­len Fach­wis­sens. Ge­stal­tet in Form ei­nes ver­setz­ten Ke­gels zeich­net sich die Treppe da­durch aus, dass keine zwei Stu­fen gleich sind. Die tech­ni­sche Her­aus­for­de­rung wurde von den Ar­bei­tern und Tisch­lern von Au­bert-La­b­an­sat ge­meis­tert, die die Tra­di­tion der her­vor­ra­gen­den Leis­tun­gen bei der Re­stau­rie­rung his­to­ri­scher Denk­mä­ler und des al­ten Er­bes fort­set­zen.

Mit ih­rer Ex­per­tise ha­ben diese Hand­wer­ker be­reits zum Er­halt von pres­ti­ge­träch­ti­gen Bau­wer­ken wie dem Chå­teau de Ver­sailles, dem Hô­tel des In­va­li­des und Mont Saint-Mi­chel bei­getra­gen.

Notre-Dame de Pa­ris /​ Lettre Pas­to­rale (c) Yan­nick Bo­schat

Stein­metze

Zwei Jahre lang ar­bei­te­ten die Stein­metze an der Ver­stär­kung der Ge­wölbe, der Rei­ni­gung der mit Blei ver­stopf­ten Was­ser­speier und füh­ren an­dere Kon­so­li­die­run­gen und Si­che­rungs­ar­bei­ten durch, die vor der Wie­der­auf­bau­phase un­er­läss­lich wa­ren.

Zwi­schen tra­di­tio­nel­len Tech­ni­ken und ex­tre­mer Ar­beit muss­ten die Stein­metze im Ar­bei­ten an Sei­len hän­gend ge­schult zu wer­den, um bei­spiels­weise die Ge­wölbe von Notre-Dame zu re­stau­rie­ren. Es war dies eine manch­mal ge­fähr­li­che Ar­beit, die von lei­den­schaft­li­chen Hand­wer­kern aus­ge­führt wurde.

Notre-Dame de Pa­ris (c) Ju­lio Piatti

Mo­derne Bunt­glas­fens­ter

Neue Bunt­glas­fens­ter, die die Zei­chen des 21. Jahr­hun­derts wi­der­spie­geln sol­len, wer­den für den Dom ge­schaf­fen. Es wurde ein Wett­be­werb ins Le­ben ge­ru­fen, der zeit­ge­nös­si­sche Künst­ler ein­lud, ei­nen Ent­wurf für eine Se­rie von sechs Bunt­glas­fens­tern, die die süd­li­chen Sei­ten­ka­pel­len des Kir­chen­schiffs schmü­cken wer­den, vor­zu­le­gen.

Die al­ten Bunt­glas­fens­ter, die von Viol­let-le-Duc ge­schaf­fen wur­den, wer­den in ein Mu­seum ge­bracht, das dem Werk von Notre-Dame de Pa­ris ge­wid­met ist und sich im Hô­teI-Dieu-Ge­bäude be­fin­det.

www.notredamedeparis.fr

Autorin: Elisabeth Kapral

Als Ju­ris­tin hat Eli­sa­beth ge­lernt, ex­akt zu for­mu­lie­ren. Das kommt ihr jetzt zu­gute, wenn sie für travel4news schreibt. Wor­über sie schreibt, weiß sie da­bei ganz ge­nau, denn sie hat be­reits 108 der 193 in der UNO ver­tre­te­nen Län­der be­sucht – und viele von ih­nen auch mehr­fach.

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