Im April 2025 feiert F. Scott Fitzgeralds Roman „Der große Gatsby“ seinen 100. Geburtstag. Eines der bedeutendsten literarischen Werke der amerikanischen Moderne wäre aber vielleicht nie geschrieben worden, hätte der Schriftsteller nicht auch einige Zeit in Louisville im US-Bundesstaat Kentucky gelebt.
Das Meisterwerk von F. Scott Fitzgerald zeichnet ein lebendiges Porträt der „Roaring Twenties” in den Vereinigten Staaten. Wirtschaftliches Wachstum, Prohibition, Kriminalität und Jazz prägten diese Zeit ebenso wie Dekadenz, Ausschweifungen und soziale Umbrüche – und diese Themen sind auch in „Der große Gatsby“ präsent.
Der große Gatsby und Louisville
Tatsächlich wird Louisville im Roman siebenmal erwähnt und ist auch der Geburtsort der Antagonistin Daisy Buchanan – Jay Gatsbys großer Liebe. Die Stadt war für Fitzgerald und seinen Roman eine Inspiration und die 1920er-Jahre in Louisville eine bewegte Zeit. Das beliebte Seelbach Hotel in Downtown Louisville wurde dabei zum Schauplatz vieler gesellschaftlicher und historischer Ereignisse.
Der junge Fitzgerald war während des Ersten Weltkriegs in Camp Taylor – einem Ausbildungscamp der US-Armee in Louisville – stationiert. Wie so viele andere Soldaten ging er an den Wochenenden öfters auf den einen oder anderen „Kentucky Bourbon” und eine teure Zigarre in den „Rathskeller” des Seelbach Hotels. Fitzgerald war dabei bekannt für seine Trinkgelage und wurde auch einmal aus dem Seelbach verbannt, nachdem er zu viel getrunken hatte.
Mafiosi und Schmuggler im Seelbach Hotel
Im Seelbach Hotel soll Fitzgerald auch mit Mafiosi und Schmugglern zusammengetroffen sein. Einer von ihnen war der charismatische George Remus. Der bekannte und höchst erfolgreiche Strafverteidiger avancierte während der Prohibition in den 1920er-Jahren zum „Schmugglerkönig von Kentucky” und diente Fitzgerald schließlich als Vorlage für die Figur des Jay Gatsby.
Fitzgeralds Eindrücke und Erlebnisse in den eleganten Räumen des Seelbach inspirierten den Autor auch dazu, das Hotel als literarische Kulisse für den „Großen Gatsby” zu nutzen. Das Seelbach war seinerzeit eines der begehrtesten Hotels in Louisville. Im Ballsaal gab die High Society regelmäßig große Galas – ähnlich opulent wie die Partys in Fitzgeralds Roman. So wird der „Grand Ballroom” im Buch auch zum Schauplatz für die luxuriöse Hochzeit von Tom und Daisy Buchanan, bei der es „mehr Pomp und Prunk gab, als Louisville je gesehen hatte“, wie Fitzgerald schreibt.
Von Keith Richards bis Rod Stewart
Das geschichtsträchtige The Seelbach Hilton, wie es heute heißt, hat zudem 2025 noch etwas zu feiern – und zwar sein 120-jähriges Bestehen. Das Hotel gehört zu den „Historic Hotels of America” und liegt im Herzen von Downtown Louisville, das heute einen idealen Ausgangspunkt bildet, um viele der Whiskey-Destillerien und Sehenswürdigkeiten der Stadt zu erkunden.
Das Seelbach Hotel wurde 1905 vom bayerischen Einwanderer Lewis Seelbach eröffnet, der es bis zu seinem Tod 1925 von seiner „Seelbach Suite” aus leitete. Seither haben immer wieder prominente Gäste in der Suite übernachtet, wie zum Beispiel Präsident Harry Truman oder Rolling-Stones-Legende Keith Richards. Die Musikgrößen Neill Diamond, Rod Stewart und Boy George waren ebenfalls hier zu Gast, wenn sie in Louisville auf der Bühne standen.
Al Capone und sein Fluchttunnel
Das Hotel ist aber nicht nur untrennbar mit der Entstehung des „Großen Gatsby” verbunden, sondern auch mit der Geschichte der Stadt in den „Roaring Twenties”. Al Capone – der berühmt-berüchtigte Boss der Chicagoer Unterwelt – kam in den 1920er-Jahren regelmäßig zum Blackjack- und Pokerspielen in den damaligen „Gentlemen’s Billiard Room” – den heutigen „Private Oak Room”.
Al Capone ließ sogar einen großen Spiegel aus Chicago kommen, der noch heute in dem Zimmer hängt, damit er immer im Blick hatte, was hinter seinem Rücken geschah. Sein Lieblingszimmer hatte auch zwei Türen, die sich hinter der Wandvertäfelung verbargen und zu geheimen Gängen führten. Er soll diese geheimen Fluchttunnel während der Prohibition genutzt haben, um den Behörden zu entkommen, nachdem er in Kentucky schwarz gebrannten Whiskey gekauft haben soll.
1923 war das Seelbach Hotel außerdem Tatort des sogenannten „Derby Day Raubüberfalls”. Am Tag des „Kentucky Derby” verschafften sich vier bewaffnete und maskierte Räuber den Zugang zum Poker Room des Hotels, in dem zwölf Gentlemen um viel Geld spielten. Die Banditen erbeuteten mehr als 20.000 US-Dollar, zerstörten das Telefon, sperrten die Spieler und die Sicherheitsleute im Poker Room ein und entkamen unerkannt im Trubel der Derby-Feierlichkeiten auf der Fourth Street.
Die Stadt Louisville feiert den 100. Geburtstag des Romans im kommenden Frühjahr mit einer Reihe von Veranstaltungen an einigen der historischen Orte der Stadt und der Einweihung einer neuen Gatsby-Suite im Seelbach Hotel.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.