Abseits der touristischen Zentren Portugals kann man an der Küste wie im Hinterland wunderbare Dörfer entdecken, in denen das Leben noch ruhig dahinfließt und wo die Algarve am ursprünglichsten ist. Die schönsten dieser kleinen Juwele stellen wir hier auf einer Tour von West nach Ost vor.
Aljezur – Süßkartoffeln und Surfer
Dass dieses Dorf auf eine lange Geschichte zurückblicken kann, ist unübersehbar. Hoch oben auf einem Hügel thront die gut erhaltene Ruine einer im 10. Jahrhundert von maurischen Besatzern erbauten Burg. Der Besuch lohnt sich schon allein wegen des tollen Ausblicks, den man von hier weit über Aljezur und das von sanften Hügeln geprägte Umland genießen kann.
Von hier aus sieht man auch, dass Aljezur eigentlich aus zwei Teilen besteht, die durch den gemächlich dahinfließende Ribeira de Aljezur getrennt werden. Die Altstadt liegt im westlichen Teil und lädt mit hübschen Gassen, netten Cafés und Restaurants zum Verweilen ein. Auf der anderen Seite findet man vor allem neuere Häuser.
Direkt an der Brücke über den Fluss liegt die Markthalle – eine Quelle für frisches Obst und Gemüse, besten Fisch und Meeresfrüchte, die von Einheimischen ebenso gerne genutzt wird wie von Touristen, aber auch ein sozialer Treffpunkt. Die „Perceves” (Entenmuscheln) sollte man unbedingt probieren.
Bei Surfern begehrt sind die nahen Strände Praia da Amoreira, Praia de Monte Clérigo und Praia da Arrifana, an denen ganzjährig prächtige Wellen zu finden sind. Einmal im Jahr kann man zudem beim „Festival da Batata-doce” nachprüfen, ob rund um Aljezur wirklich die besten Süßkartoffeln Portugals wachsen. Während des Festivals werden sie nicht nur präsentiert, sondern für Genießer in zahlreichen Variationen angeboten – gebraten, gegrillt oder in Süßspeisen verarbeitet.
Sagres – Fisch und Felsen
Als die Menschen noch dachten, die Erde sei eine Scheibe, waren sie sich sicher, dass in Sagres die Welt zu Ende ist. Dieses Gefühl überkommt auch heute den Besucher, wenn er auf die Landzunge am äußersten südwestlichen Ende des europäischen Festlandes reist. Rauh und vom Wind zerzaust ist hier die Landschaft – und am Cabo de São Vicente stürzen die Klippen senkrecht in den tosenden Atlantik ab, was immer wieder faszinierend ist.
Ganz am Ende der Straße steht der 22 Meter hohe, rot-weiß gestreifte Leuchtturm, dessen Lichtblitze seit über 100 Jahren Seeleuten auch noch in 90 Kilometern Entfernung den Weg in den sicheren Hafen weisen. Der Porto da Baleeira ist übrigens nicht nur einer der wichtigsten Fischereihäfen der Algarve, sondern auch ein echtes Kleinod: Es gibt kaum etwas Schöneres, als in einem Restaurant über der Mole frischen Fisch und Meeresfrüchte zu genießen.
Zum Pflichtprogramm gehört natürlich auch der Besuch der berühmten, von Heinrich dem Seefahrer im 15. Jahrhundert erbauten Fortaleza de Sagres. In ihrem Innenhof gibt ein Steinkreis mit 43 Metern Durchmesser den Historikern bis heute Rätsel auf: Handelt es sich um eine Windrose oder doch um eine Sonnenuhr? Imposant ist sie auf alle Fälle – genau wie das in einer ehemaligen Kapelle untergebrachte Museum.
Burgau – Strandoase für Individualisten
Wenn es um prächtige Postkartenmotive an der Algarve geht, gehört Burgau zweifellos dazu. Statt moderner Hotelneubauten dominiert in dem zwischen Lagos und Sagres gelegenen 450-Seelen-Dorf immer noch die klassische Architektur. Entlang der steilen Gassen, die hinunter an den Strand führen, reihen sich kleine, weiße Algarve-Häuser aneinander und bieten einen eindrucksvollen Kontrast zum Blau des Meeres.
An der von hohen Klippen eingerahmten Praia de Burgau mischen sich klassisches Dorfleben und Individualtourismus. Noch immer liegen kleine, bunt gestrichene Fischerboote am Ufer und teilen sich die geschützte Bucht mit den Urlaubern.
Das ruhige Wasser ist perfekt zum Schwimmen, Schnorcheln und Kanufahren. Das Schöne ist, dass es hier auch im Hochsommer nicht so richtig voll wird. Um das leibliche Wohl der Badegäste kümmert man sich in einer gemütlichen Strandbar. Aber auch die anderen Restaurants des Dorfes genießen einen guten Ruf.
Monchique – Thermalwasser und Wanderwege
Wer Lust auf Höhenluft hat, fährt nach Monchique. Der kleine Ort liegt gut 450 Meter über dem Meer inmitten der grünen Serra de Monchique und ist damit die höchstgelegene Ortschaft der Algarve. Allemal lohnenswert ist ein Bummel durch die Altstadt, in der viele Kunsthandwerker beheimatet sind.
Bekannt ist der Ort vor allem für seine Holz- und Lederarbeiten. Natürlich ist er auch für seine Gastronomie bekannt, in der ausgezeichnete, rustikale Wildgerichte, Fleisch vom schwarzen Schwein und scharfe Grillhähnchen serviert werden. Unbedingt probieren sollte man den Medronho-Schnaps, der hier in vielen Destillerien aus den Früchten des Erdbeerbaums gebrannt wird.
Schon der portugiesische König Dom João wusste 1495 die gesundheitsfördernde Wirkung der Caldas von Monchique zu schätzen. Das schwefel- und mineralhaltige Mineralwasser sprudelt in einer Bergfalte unterhalb der Ortschaft mit einer Temperatur von 32 Grad aus dem Felsen. Unweit der nach einer umfassenden Renovierung im neuen Glanz erstrahlenden Kuranlage wird das Quellwasser auch als Mineralwasser in Flaschen abgefüllt.
Für Wanderer und Mountainbiker ist die Gegend ein wahres Paradies. Wanderwege führen durch Olivenhaine und Eichenwälder, entlang stiller Bäche und zu mächtigen Granitfelsen. Wer gut zu Fuß ist, steigt auf den Fóia – den mit 902 Metern höchsten Berg der Algarve. Die Aussicht vom Gipfel ist grandios. Ganz neu ist der auf Holztreppen erbaute Wanderweg „Passadiços do Barranco do Demo” mit über 500 Stufen und einer atemberaubenden, 50 Meter langen Hängebrücke über eine tiefe Schlucht.
Alte – Kunst und Quellen
Ganz klar: Dieses Dorf ist das perfekte Ziel für Romantiker. Weiß gekalkte Häuschen, von ihren Bewohnern liebevoll mit Blumen geschmückt, säumen die schmalen Gassen. Am Dorfplatz mit den zwei alten Brunnen laden schattige Bänke zur Rast ein und gleich in der Nähe fließt plätschernd ein Bach vorbei, der auch an heißen Tagen für Abkühlung sorgt. In einem alten Waschhaus kann man nachvollziehen, wie einstmals die Wäsche gewaschen wurde.
Schon früh haben auch Maler, Bildhauer und Grafiker den Charme des ursprünglichen Dorfes am Rande der Serra de Caldeirão entdeckt und hier einen inspirierenden Platz für ihre Ateliers gefunden. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten gehört die Igreja de Nossa Senhora da Assunção, die Unserer Lieben Frau von Mariä Himmelfahrt geweiht und die im 13. Jahrhundert als Privatkirche erbaut und erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Pfarrkirche umgestaltet wurde.
Besonders sehenswert sind die schönen Azulejos im Altarraum. Nach der Einkehr in einem der landestypischen Restaurants locken in der Umgebung zahlreiche Wanderwege und die Cascata da Queda do Vigário – ein erfrischender Wasserfall, der rund 24 Meter in die Tiefe stürzt.
Querença – Feine Würste und viel Natur
Weiß gekalkte Häuser und landestypische Schornsteine: In diesem kleinen Dorf nicht weit von Loulé ist der maurische Einfluss auf die Architektur unübersehbar. Obwohl sich Querença über eine wachsende Zahl an Besuchern freuen kann, ist hier doch der typische Dorfcharakter mit kleinen Gassen und gepflasterten Wegen erhalten geblieben – und alles geht seinen gewohnten ruhigen Gang.
Besonders sehenswert ist die Igreja Matriz aus dem 16. Jahrhundert. Hier weiß man aber auch zu feiern: Im Jänner findet die „Festa das Chouriças” – das Wurstfest – statt. Die „Festa do Petisco” im August ist den in Portugal so beliebten kleinen Häppchen gewidmet und bei der „Festa dos Folares” werden die gleichnamigen süßen Osterkuchen zelebriert.
Gleich in der Nähe findet man das idyllische Landschaftsschutzgebiet Fonte Benémola, in dem sich der kleine Fluss Ribeira de Menalva gemächlich durch ein ökologisches Paradies schlängelt. Seltene Libellenarten fühlen sich hier wohl, am Flussufer stehen Eschen, Weiden und Pappeln, während Rosmarin, Lavendel und Erdbeerbäume an den Hängen der Hügel gedeihen. Die Ufervegetation ist ein idealer Lebensraum für Grau- und Seidenreiher, Teichhühner und Eisvögel.
Estoi – Rokoko und ganz normales Leben
Auf dem Dorfplatz von Estoi sitzen noch immer die alten Männer mit ihren sonnengegerbten Gesichtern auf den Bänken, Frauen tauschen den neuesten Klatsch aus und Katzen räkeln sich schläfrig in der Sonne. Ins Zentrum von Estoi kommen Besucher meist, um die nach dem Erdbeben von 1755 wieder aufgebaute Igreja Matriz – auch Igreja de São Martinho de Estoi genannt – zu besichtigen.
Die wichtigste Attraktion des Dorfes ist aber der rosa getünchte Rokoko-Palast, den ein reicher Adeliger gegen Ende des 18. Jahrhunderts erbauen ließ. Heute beherbergt das architektonische Juwel eine komfortable Pousada, für die ein moderner Neubau mit viel Geschick unauffällig in das Ensemble eingepasst wurde. Das Restaurant, das Café und vor allem der prächtige botanische Schlosspark sind nach wie vor für die Öffentlichkeit zugänglich.
Wer sich für die alten Geschichte des Orts interessiert: Nicht weit von Estoi – an der Straße nach Santa Bárbara de Nexe – liegen die Ausgrabungen von Milreu, das einst eine Sommerresidenz für reiche Römer war. Gefunden wurden hier die Reste einer römischen Straße, eines Tempels, einer Villa und eines Thermalbads sowie schöne Mosaike.
São Brás de Alportel – Kork und Blumen
Die Einheimischen sind fest davon überzeugt, dass der Kork aus São Brás de Alportel der beste der Welt ist. Ob das stimmt, ist nicht so wichtig. Richtig ist auf alle Fälle, dass sich in der kleinen Gemeinde rund 20 Kilometer nördlich von Faro bis heute fast alles um den aus der Rinde der Korkeichen gewonnenen Rohstoff dreht, für den man in und um São Brás längst neue Verwendungsmöglichkeiten gefunden hat – etwa für Handtaschen, als Dämmmaterial oder als Bodenbelag.
Das Museu do Traje – untergebracht in einem prächtigen alten Herrenhaus – führt in die Geschichte des Materials ein und in einer Fabrik erhalten die Besucher bei einer Besichtigung spannende Einblicke in moderne Produktionsmethoden. Daneben kann man bei einem Bummel durch die Straßen und Gassen schöne und gepflegte Stadthäuser bewundern und sich in einem der netten Cafés am Largo de São Sebastião entspannen.
Immer zu Ostern zeigt sich, dass die Bewohner hier auch prächtig feiern können. Bei der „Festa das Tochas Floridas” – dem Blumenfackelfest – werden die Straßen üppig mit Blumen geschmückt und nach einer feierlichen Prozession stehen Musik, gutes Essen und Wein auf dem Programm.
Cacela Velha – Relaxen an der Ria Formosa
Es gibt kaum etwas Schöneres, als an einem sonnigen Nachmittag in Cacela Velha in einer einfachen Dorfkneipe zu sitzen, sich ein Glas eiskalten Weißwein und ein paar Austern zu gönnen und einfach die Seele baumeln zu lassen. Der Blick streift dabei über die Igreja de Nossa Senhora da Assunção aus dem 16. Jahrhundert, die einst im manuelinischen Stil errichtet und später zur Barockkirche umgestaltet wurde.
Gleich daneben liegt die Burg mit maurischen Wurzeln – und dann schweift das Auge weit hinaus in die Lagunenlandschaft der Ria Formosa mit ihren Sandbänken und über das Watt, in dem bei Ebbe die Muschelsucher unterwegs sind. Nicht weit ist es hier auch zur berühmten Praia da Fábrica, die nur mit kleinen Fischerbooten oder bei Ebbe zu Fuß zu erreichen ist und als echter Geheimtipp gilt.
Cacela Velha wurde mit viel Liebe restauriert. Bunte Blumen zieren viele Höfe und die malerischen Gassen sind bei den Besuchern ein beliebtes Fotomotiv. Trotzdem hat sich das alte Dorf – die Wurzeln reichen bis in die Zeit der Phönizier und Römer zurück – eine wunderbare Ruhe bewahrt.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.