Gracehill in Nordirland wurde auf der jüngsten Sitzung des World Heritage Committee als Teil der transnationalen mährischen Kirchensiedlungen zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Die einzige vollständige mährische Siedlung auf der irischen Insel teilt sich den Titel mit Bethlehem in Pennsylvania (USA), Herrnhut in Deutschland und Christiansfeld in Dänemark.
Die mährische Kirche ist eine der ältesten protestantischen Konfessionen des Christentums und kam im frühen 18. Jahrhundert aus Mitteleuropa auch nach Großbritannien und Irland. Das Dorf Gracehill liegt knapp 50 Kilometer nordwestlich von Belfast in Nordirlands County Antrim. Es wurde 1759 als mährische Siedlung gegründet und hat noch heute eine mährische Gemeinde mit einem eigenen Bischof.
Das Dorf wurde nach einem Rasterplan mit einer sehr klaren Geschlechterachse errichtet, die eine Schwestern- und eine Bruderseite hat. Dieser Grundriss bezieht sich direkt auf die Struktur der mährischen Gesellschaft und spiegelt zugleich die mährischen Werte Bildung, Gleichheit, Industrie, Toleranz und Spiritualität wider.
Gracehill ist in der Region unter anderem als „Ort der Ruhe” bekannt und verfügt über mehrere denkmalgeschützte Gebäude – darunter die Kirche, den zentralen Platz und den Friedhof, der auch „God’s Acre” genannt wird. Der „Bishop’s Walk” bietet den Besuchern einen Rundweg, auf dem sie den friedlichen Charme des Dorfes genießen können.
Es werden Führungen durch das Dorf angeboten, bei denen man seine faszinierende Geschichte kennenlernen kann. Der Rundgang beginnt in der Alten Schule und führt über den Platz, auf dem sich die wichtigsten mährischen Gebäude befinden, sowie zur Kirche und zum Alten Laden. Dabei geht es auch vorbei am „Brothers Walk”, über den die Männer die Kirche betraten, und am „Sisters Walk”, der zu einem separaten Eingang für die Frauen führte.
Mit der Ernennung zum ersten UNESCO-Weltkulturerbe in Nordirland werden aber nicht nur die physischen Merkmale des Dorfes anerkannt, sondern auch seine Geschichte, seine Archive, seine lebendige Kultur und sein Glaube. Die Kirche beherbergt zudem das „Moravian Archive of Ireland”, das über 250 Jahre zurückreicht und als Gedächtnisbank der kulturellen Tradition dient.
Seit seiner Gründung hat sich Gracehill sehr um internationale Verbindungen bemüht, die bis heute andauern. Nicht zuletzt ist das Dorf historisch bekannt für seine Grundsätze der religiösen und politischen Toleranz, der Neutralität und der Versöhnung. Diese kamen erstmals während der United Irishmen’s Rebellion von 1798 deutlich zum Ausdruck, als Gracehill als Zufluchtsort für alle angesehen wurde.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.