Bhutan: Meisterwerke der Architektur im Land im Himalaya

Bhu­tan ist vor al­lem für die land­schaft­li­che Schön­heit, die nach­hal­tige Tou­ris­mus-Phi­lo­so­phie und die rei­che Ar­ten­viel­falt be­kannt. Mit sei­nen auf­wän­di­gen Holz­ar­bei­ten, far­ben­fro­hen Fres­ken und fein ge­ar­bei­te­ten Schnit­ze­reien gilt das Land im Hi­ma­laya aber auch als ab­so­lu­ter Ge­heim­tipp für Lieb­ha­ber von Ar­chi­tek­tur und De­sign.

Ganz gleich, ob es nun tra­di­tio­nelle Tem­pel, be­ein­dru­ckende Klös­ter oder die lie­be­voll ver­zier­ten Bau­ern­häu­ser der Ein­hei­mi­schen sind: Die Bau­werke in Bhu­tan sind durch­wegs au­ßer­ge­wöhn­lich und die Liebe zum De­tail sucht viel­leicht so­gar welt­weit ih­res­glei­chen.

Bhu­tan (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan

Die Bau­weise ist stark in­spi­riert von der bud­dhis­ti­schen Phi­lo­so­phie und My­tho­lo­gie des Lan­des und er­zählt auf be­son­ders ein­drück­li­che Weise die Ge­schichte Bhu­tans in Bil­dern und For­men. So prä­sen­tiert sich die bhu­ta­ni­sche Ar­chi­tek­tur als fas­zi­nie­rende Fu­sion von Tra­di­tion und Mo­derne, die tief im rei­chen kul­tu­rel­len und spi­ri­tu­el­len Erbe des Lan­des ver­wur­zelt ist.

Dzongs – die bhutanischen Festungen

Khoma (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan by Amp Sri­pim­an­wat

Wer in Bhu­tan lan­det, dem sticht so­fort die bud­dhis­ti­sche Ar­chi­tek­tur ins Auge, die ty­pisch für das kleine Land im Hi­ma­laya ist. Dzongs sind Fes­tun­gen, die im gan­zen Land zu fin­den sind, und ste­hen wie keine an­de­ren Ge­bäude für die bhu­ta­ni­sche Bau­kunst. Sie spie­len auch eine Schlüs­sel­rolle in der bhu­ta­ni­schen Ge­sell­schaft und die­nen nicht nur als re­li­giöse, son­dern auch als ad­mi­nis­tra­tive Zen­tren.

Die In­nen­räume sind mit präch­ti­gen Holz­ar­bei­ten, bun­ten Fres­ken und de­tail­lier­ten Schnit­ze­reien ge­schmückt. Dzongs sind so­mit nicht nur Fes­tun­gen, son­dern wahre Kunst­werke. Die Har­mo­nie zwi­schen Ar­chi­tek­tur und Na­tur ist da­bei ein Schlüs­sel­aspekt der bhu­ta­ni­schen Ar­chi­tek­tur­ge­schichte, die die spi­ri­tu­elle Ver­bin­dung zur Um­ge­bung be­tont.

Bhu­tan (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan /​ Mar­cus West­berg

Dzongs die­nen oft als Klös­ter, Sitz von Re­gie­rungs­äm­tern und Un­ter­künfte für Mön­che und Re­gie­rungs­be­amte. Sie sind nicht nur his­to­risch und kul­tu­rell be­deut­sam, son­dern fun­gie­ren auch als Orte für re­li­giöse Ze­re­mo­nien, kul­tu­relle Ver­an­stal­tun­gen und öf­fent­li­che Ver­samm­lun­gen.

Au­ßer­dem be­her­ber­gen sie ei­nen Groß­teil der Kunst­schätze des Lan­des in Form von Wand­ma­le­reien, Sta­tuen und Schnit­ze­reien. Je­der Di­strikt (Dzongkhag) hat aber je­weils nur ei­nen Dzong. Die be­kann­tes­ten sind der Punakha Dzong und der Thim­phu Dzong in der Haupt­stadt, in dem sich auch der Thron­saal von Kö­nig Jigme be­fin­det.

Bhutanische Baumaterialien und Symbole

Bhu­tan (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan

Die Bau­ma­te­ria­lien sind in Bhu­tan sehr viel­fäl­tig und eng mit der Na­tur ver­bun­den. Holz wird am häu­figs­ten ge­nutzt. Die un­zäh­li­gen Bal­ken, Fens­ter und Tü­ren tra­di­tio­nel­ler Ge­bäude sind mit ver­schie­de­nen Bil­dern und Tex­ten ver­ziert. Das für west­li­che Be­su­cher ku­rio­seste Sym­bol ist da­bei si­cher­lich der Phal­lus. Seine Be­deu­tung geht auf das 15. Jahr­hun­dert zu­rück.  Er gilt aber auch heut­zu­tage noch als Sym­bol der Frucht­bar­keit und des Glücks. Dar­über hin­aus soll er böse Geis­ter ver­trei­ben.

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Tra­di­tio­nell wer­den die Holz­teile beim Bau nicht mit Nä­geln, son­dern mit der Schwal­ben­schwanz­tech­nik zu­sam­men­ge­fügt – eine mehr­fa­che Ver­zah­nung keil­för­mi­ger oder ge­ra­der Zap­fen. Die Wände sind schräg und in der Re­gel weiß ge­tüncht. Die Fens­ter sind drei­flü­ge­lig und ha­ben kunst­volle, mit geo­me­tri­schen und flo­ra­len Mo­ti­ven be­malte Ober­schwel­len. Ihre Größe nimmt mit den Stock­wer­ken zu. So wirkt das Ge­bäude noch ele­gan­ter.

Mon­gar and Da­met­shi (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan by Amp Sri­pim­an­wat

Das Schräg­dach ist mit Schin­deln ge­deckt und mit Stei­nen be­schwert. Die Dzongs, Klös­ter und Tem­pel ha­ben in der Re­gel Stein­mau­ern, die tra­di­tio­nel­len Bau­ern­häu­ser hin­ge­gen be­stehen vor al­lem aus ge­stampf­ten Lehm­wän­den, die mit Kalk ver­putzt wur­den. Ge­plant wurde üb­ri­gens nicht auf Pa­pier, son­dern stets im Kopf.

In Bhu­tan fällt auch auf, dass die Ge­bäude – egal ob Bau­ern­haus oder Tem­pel – fast aus­nahms­los drei­stö­ckig sind. Auch das hat ei­nen his­to­ri­schen Hin­ter­grund: Im Erd­ge­schoss hat frü­her das Vieh Platz ge­fun­den, im ers­ten Stock be­fan­den sich La­ger­räume und der zweite Stock be­her­bergte die Wohn­räume so­wie ei­nen bud­dhis­ti­schen Schrein, für den es üb­ri­gens im­mer ein ei­ge­nes Zim­mer gibt.

Zwi­schen dem zwei­ten Stock­werk und dem Dach wird in der Re­gel ein of­fe­ner Raum für die La­ge­rung im Freien frei­ge­hal­ten. Drei­ge­schos­sig sind aber nicht nur die Wohn­häu­ser: Bei re­li­giö­sen Ge­bäu­den re­prä­sen­tie­ren die drei Ebe­nen seit je­her die Hölle, die Erde und den Him­mel.

Richtlinien für alle neuen Gebäude

Tra­shi­gang and Rang­jung (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan by Amp Sri­pim­an­wat

Tra­di­tion und Mo­derne sind in der bhu­ta­ni­schen Bau­kunst eng mit­ein­an­der ver­bun­den. Als wich­tigs­tes Nach­schla­ge­werk für die Ar­chi­tek­tur des Lan­des dient seit der Ver­öf­fent­li­chung im Jahr 1993 das Buch „An In­tro­duc­tion to Tra­di­tio­nal Ar­chi­tec­ture of Bhu­tan”, das 2014 vom De­part­ment for In­fra­struc­ture De­ve­lo­p­ment als „Gui­de­lines for Bhu­ta­nese Ar­chi­tec­ture” über­ar­bei­tet wurde.

Seit­her ori­en­tie­ren sich alle neuen Ge­bäude an die­sen Richt­li­nien, die er­stellt wur­den. So wird si­cher­ge­stellt, dass die Ar­chi­tek­ten alle Ge­bäude mit schrä­gen Dä­chern, klei­nen Fens­tern und bun­ten Holz­tü­ren ent­wer­fen und der Bau­stil im gan­zen Land ein­heit­lich ist. Wäh­rend heut­zu­tage in Bhu­tan auch Ze­ment, Stahl und CGI-Plat­ten zum Ein­satz kom­men, sind die Haupt­ma­te­ria­lien im­mer noch Stein, Lehm, Holz und Bam­bus.

Die Bauweise steht in den Sternen

Tra­shi­gang and Rang­jung (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan by Amp Sri­pim­an­wat

Die Aus­rich­tung und der ge­naue Zeit­punkt des Baus wird von den Ster­nen be­stimmt. Bei der Pla­nung al­ler Ge­bäude und Brü­cken rich­tet man sich nach den Be­rech­nun­gen ei­nes As­tro­lo­gen und der Bau wird stets von ver­schie­de­nen Ri­tua­len be­glei­tet.

Noch be­vor das Haus ge­baut wird, bit­tet der zu­künf­tige Haus­be­sit­zer um die Er­laub­nis der Göt­ter und der lo­ka­len Geis­ter, die auf dem Grund­stück le­ben sol­len. Da­mit das Ge­bäude auch nach dem Bau ge­seg­net ist und das Böse ver­trie­ben wird, wer­den nach der Fer­tig­stel­lung des Hau­ses eine Ge­bets­ze­re­mo­nie und tra­di­tio­nelle Tänze or­ga­ni­siert.

Stupas – die Orte des Glaubens

Thim­phu (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan /​ Mar­cus West­berg

Der bhu­ta­ni­sche Glaube spielt nicht nur bei den Dzongs oder den Ver­zie­run­gen der Ge­bäude eine wich­tige Rolle, son­dern auch bei den so­ge­nann­ten Stu­pas, die im gan­zen Land zu fin­den sind. Die mo­nu­men­ta­len Struk­tu­ren, die oft als hei­lige Stät­ten gel­ten, ha­ben ver­schie­dene For­men und Grö­ßen, aber die grund­le­gende Struk­tur be­steht aus ei­nem run­den Grund­riss mit ei­nem ke­gel­för­mi­gen Dach.

Stu­pas die­nen als Schreine, Grab­stät­ten von Hei­li­gen oder als Auf­be­wah­rungs­ort für Re­li­quien oder hei­lige Texte. Stu­pas ha­ben eine sym­bo­li­sche Be­deu­tung und re­prä­sen­tie­ren ver­schie­dene Aspekte des bud­dhis­ti­schen Glau­bens, ein­schließ­lich der Lehre des Dharma – des Le­bens von Bud­dha – und der spi­ri­tu­el­len Reise der Gläu­bi­gen.

Traditionelle Stolperfalle

Bhu­tan (c) De­part­ment of Tou­rism Bhu­tan

In Bhu­tan sind die Tü­ren üb­ri­gens tra­di­tio­nell mit Stu­fen ver­se­hen, die als „Gent­hoe” be­kannt sind. Sie gel­ten als cha­rak­te­ris­ti­sches Merk­mal der bhu­ta­ni­schen Ar­chi­tek­tur und ha­ben ver­schie­dene sym­bo­li­sche Be­deu­tun­gen. So sind sie un­ter an­de­rem Zei­chen des Re­spekts vor der Tra­di­tion und Kul­tur, schaf­fen Gleich­ge­wicht und Har­mo­nie und schüt­zen vor bö­sen Geis­tern.

www.bhutan.travel

Autorin: Elisabeth Kapral

Als Ju­ris­tin hat Eli­sa­beth ge­lernt, ex­akt zu for­mu­lie­ren. Das kommt ihr jetzt zu­gute, wenn sie für travel4news schreibt. Wor­über sie schreibt, weiß sie da­bei ganz ge­nau, denn sie hat be­reits 108 der 193 in der UNO ver­tre­te­nen Län­der be­sucht – und viele von ih­nen auch mehr­fach.