Die Niederländer lieben ihre Tulpen, die Spanier ihre Nelken und die Bewohner des Oman ihre duftenden Damaszener-Rosen. Dank des raffinierten Bewässerungssystems „Aflaj”, das die Einheimischen bereits vor Jahrtausenden entwickelten und heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wird selbst das Hochgebirge des Sultanats ausreichend mit Wasser versorgt.
Dort wachsen Rosensträucher, die von März bis Mai üppig gefüllte Blütenknospen tragen. Im Frühling tummeln sich zwischen den Rosenpflückern auch Reisende nur allzu gerne in den rosa getupften Berghängen des Jabal Akhdar auf der Suche nach dem perfekten Fotomotiv oder um am Ernteerlebnis teilzuhaben und verschiedene Produkte mit Rosenessenzen zu probieren.
Bewässerungswunder „Aflaj”
Das omanische Bewässerungssystem ist ein Beispiel traditioneller Ingenieurskunst und existiert seit etwa 2.500 vor Christus. Tausende Kanäle durchziehen die trockenen Wüstenlandschaften sowie die Dörfer und Städte des Sultanats. Sie verlaufen sowohl unterirdisch als auch oberirdisch und können bis zu zehn Kilometer lang sein.
Das Wasser wird aus Bergquellen oder Wadis entnommen und ohne jegliche hydraulischen Hilfsmittel ausschließlich über Gefälle in die Gärten geleitet. Von Generation zu Generation geben die Einheimischen ihr Wissen rund um diese technische Meisterleistung an ihre Nachfahren weiter. Denn die „Aflaj” ermöglichen es ihnen, neben Rosen auch eine Vielzahl an Früchten im Hajar-Gebirge anzubauen – darunter Granatäpfel und Marillen.
Auch die Dattelplantagen in der Oase Birkat Al Mouz am Fuße des Jabal Akhdar, die Pfirsichbäume im Bergdorf Wakan auf 2.000 Metern Seehöhe oder die Beeren und Walnüsse, die im Wadi Bani Habib wachsen, verdanken ihre Existenz der regelmäßigen Wasserversorgung durch die „Aflaj”.
Von der Blüte zum aromatisierten Dessert
Im Frühling blüht im Hajar-Gebirge die Damaszener-Rose und erfüllt die Luft auf den terrassenförmig angelegten Gärten von Omans „Grünem Berg“, wie der Jabal Akhdar auch genannt wird, mit einem betörenden Duft. Die sonst sattgrünen Berghänge werden in zarte Rosatöne getüncht, sobald die Rosenblüten ihre volle Knospe erreichen.
Mit einem speziellen Trick lösen die Erntehelfer die Knospen vom Stiel der Pflanze. Die Blüten werden in Schals, Tüchern oder Körben gesammelt und zum Wiegen in die umliegenden Dörfer Al Aqr, Ash Shirayjah und Al Ayn gebracht. Im nächsten Schritt erhitzen die Einheimischen die Blüten in traditionellen Lehmöfen um ihre Essenz zu destillieren.
Aus einem Kilogramm Blüten lassen sich etwa 750 Milliliter Rosenwasser gewinnen. Dieses bildet durch die Kombination aus Rosen- und Rauchnoten eine beliebte Zutat für omanische Süßspeisen. „Halwa” – das Nationaldessert der Omanis – enthält als wesentliche Ingredienz neben Mandeln, Safran und Kardamom auch das begehrte Rosenwasser.
Rosenwasser-Herstellung hautnah miterleben
Reisende haben von Ende März bis Anfang Mai die Gelegenheit, die Rosenpflücker in Aktion zu beobachten oder gar selbst Hand anzulegen und aktiv an der Rosenernte teilzunehmen. Die gemauerten Kanalwege des „Falaj” – die Einzahl von „Aflaj” – bilden teils abenteuerliche Pfade durch die steilen Hänge des Jabal Akhdar und werden dabei auch als Wegenetz genutzt.
Örtliche Reiseveranstalter organisieren auf Wunsch gerne Ausflüge zu den Rosenfeldern, in deren Rahmen die Besucher den Einheimischen bei den verschiedenen Phasen der Rosenwasser-Herstellung über die Schulter schauen und in engen Austausch mit den Omanis treten können. Nicht selten werden sie dabei zu einer Tasse Kaffee und Datteln oder zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen.
Verwöhnprogramm mit Rosenöl
Rosenessenzen finden neben Süßspeisen auch Verwendung in Parfüms und in den Entspannungsoasen des Landes. Wellnessliebhaber gönnen sich eine Behandlung in einem der exquisiten Hotel-Spas der Region, in denen Massageöle mit Rosenessenz angewendet werden. Auch mit Rosenblättern gefüllte Milchbäder sind Teil des Spa-Angebots. Als Begrüßung wird zudem in vielen Resorts ein mit Rosenwasser aromatisiertes Willkommensgetränk gereicht.