Der Tod gehört zum Leben – und genau darum dreht sich alles in Nordirlands erstem Museum zum Thema „Totenwache”, das kürzlich in Waterford, der ältesten Stadt der grünen Insel, eröffnet wurde. Hier können die Bräuche, die Traditionen und der Aberglaube im Umgang mit dem Tod von den frühesten Zeiten bis ins 20. Jahrhundert betrachtet werden.
Das „Irish Wake Museum” befindet sich in einem ehemaligen Almosenhaus, das 1478 gegründet wurde und damit als ältestes städtisches Wohnhaus des Landes gilt. Die Bewohner bezahlten ihren Unterhalt, indem sie dreimal pro Nacht für die Seelen ihrer Gönner und die Seelen der verstorbenen Bürger von Waterford beteten.
Todesrituale vom 15. bis 20. Jahrhundert
Dazu muss man wissen, dass der Tod in Irland schon immer ein Gemeinschaftsereignis war – eine Zeit der Trauer, aber auch eine Feier des Lebens. Bei der irischen Totenwache „The Wake” – einer der bekanntesten Traditionen des Landes – wacht man über den Verstorbenen vom Zeitpunkt des Todes bis zur Beerdigung, erzählt Geschichten aus seinem Leben, betet und stößt zur Verabschiedung mit einem oder zwei Getränken auf ihn an.
Das Museum bietet die seltene Gelegenheit, einen der bedeutendsten Teile der irischen Kultur mit den Augen eines Experten im Rahmen einer umfassenden Führung zu erkunden. Der Besucher gelangt zunächst in den Bereich, in dem sich einst ein Laden befand. Hier wird audiovisuell gezeigt, wie die irische Landschaft über rund 6.000 Jahre hinweg vom Tod gezeichnet wurde.
Im eigentlichen Almosenhaus durchläuft der Besucher sechs Räume, die ihn durch 500 Jahre irischer Todesrituale vom 15. bis zum 20. Jahrhundert führen. Jeder Raum widmet sich einem anderen Thema, und es wird eine Reihe von Gegenständen ausgestellt, die mit dem Tod in Verbindung stehen. Die Ausstellung endet mit der Aufforderung, sich an den Tod zu erinnern und sich am Leben zu erfreuen.
Nach einem Rundgang durch das „Irish Wake Museum” können sich die Besucher in „Mrs. Poole’s Parlour” in der nahe gelegenen „Reg Bar” begeben. In dieser gemütlichen Stube, deren Wände mit den Geschichten von außergewöhnlichen Menschen aus der Region geschmückt sind, probieren sie den preisgekrönten „Waterford Whiskey Arcadian” oder genießen alternativ eine traditionelle Kanne „Irish Breakfast Tea”. Ein sehr weltlicher Abschluss nach einem doch sehr spirituellen Thema.
Die fünf Waterford Treasures-Museen
Das „Irish Wake Museum” ist das jüngste der nunmehr fünf preisgekrönten Waterford Treasures Museen. Zusätzlich kann man noch das Video-Reality-Erlebnis „König der Wikinger” und einen Besuch im Mount Congreve Gardens dazu buchen. Zusammen bieten alle Museen einen umfassenden Einblick in die Geschichte der Stadt Waterford und Irlands.
Zum Start empfiehlt sich für einen guten Überblick eine geführte Walking-Tour zu allen fünf Museen der Stadt. Das „Medieval Museum” nimmt die Besucher mit in die Zeit zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert, als die Große Charta von Waterford entstand und das beeindruckende Goldgewand gewebt wurde.
Das „Bishop’s Palace Museum” ist ein authentischer, georgianischer Herrensitz aus dem Jahr 1743, in dem sich auch das älteste noch erhaltene Stück Waterford-Kristall befindet. Die spektakuläre 4D-Vorführung „Story of Glassmaking” ist im Eintrittspreis enthalten. Das „Irish Museum of Time” rühmt sich wiederum der schönsten und ältesten Sammlung irischer Zeitmesser der Welt, die seit dem 16. Jahrhundert geschaffen wurden.
Das „Irish Silver Museum” schließlich zeigt eine der weltweit größten Sammlungen irischen Silbers von den Wikingern bis zu den Viktorianern. Für alle fünf Museen gibt es ein übergreifendes Eintrittsticket. Erwachsene zahlen hierfür 18 Euro, Kinder unter zwölf Jahren haben freien Eintritt.
Von der Totenwache bis zu Halloween
Irlands einzigartige Traditionen zur Feier des Todes haben ihre Wurzeln in den uralten Samhain-Ritualen zum keltischen Neujahrsfest. Bereits vor mehr als 2.000 Jahren bildete das Samhain-Fest (gesprochen „sauen”), das auch „All Hallowtide” genannt wurde, das Ende der Erntesaison, wenn alle Früchte geerntet und für das neue Jahr eingelagert waren. Es markierte außerdem das Ende des Sommers und den Beginn der Winterzeit.
Ebenso stand es für das Ende des Lebens und den Eintritt in das Reich der Toten, die mit diesem Fest geehrt wurden. Denn man glaubte, dass der Schleier zwischen unserer Welt und der Anderswelt zu dieser Zeit am durchlässigsten war, sodass Geister und Dämonen leicht zwischen den beiden Welten hin- und hergehen konnten – und hier liegen auch die Ursprünge des heutigen Halloween.
Historisch gesehen war dies eine Zeit des Feierns, die mit dem Entzünden von Feuern, dem Verzehr der Ernte, Musik und Geschichtenerzählen verbunden war. Denn die Verstorbenen kehrten in die Welt der Lebenden zurück, um ein großes Festmahl abzuhalten. Im 8. Jahrhundert wurde der 1. November zum „All Saints Day” für jene Heiligen, denen kein bestimmter Gedenktag gewidmet war.
Die vorangehende Nacht „All Hallows Eve” wandelte sich zu „Hallowe’en” – einer Mischung aus keltischen und christlichen Traditionen. Über die Jahrhunderte wurde „Hallowe’en” dann immer mehr zu einem Volks- und Familienfest, das auf lustig-makabre Weise gefeiert wird – vergleichbar mit einer Mischung aus Fasching und Walpurgisnacht. Die vorchristlichen Rituale fanden schließlich auch Einzug in das Halloween-Fest von heute.