Von sanften Dünen bis zu majestätischen Klippen bietet Schleswig-Holstein eine Fülle von atemberaubenden Aussichten auf die Nordsee, die jeden Besucher in ihren Bann ziehen. Zum Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, bei stürmischer Gischt oder spiegelglatter Oberfläche: Die Nordsee präsentiert sich stets in einer zauberhaften Kulisse.
Der lange Steinweg hinaus aufs Meer
Noch schwappt das Wasser verhalten an den Steindamm. Aber schon bald wird es klatschen und am Ende dieser Wanderung durch Salzwiese und Watt wird Gischt durch die Luft wehen. Dort, wo der Trischendamm aufhört, werden es nicht nur schöne Aussichten sein – dort wird man mittendrin sein im Meer und die See schmecken und riechen, sie hören und fühlen.
Der Trischendamm ist ein Küstenschutzbauwerk, das Mitte der 1930er-Jahre errichtet wurde und nahe Friedrichskoog in die Nordsee bzw. in die Elbe reicht – also in den Bereich der Elbe, der ihr Ende markiert. Hier mündet der Strom ins Meer. Der Damm ist rund 2.200 Meter lang und öffentlich zugänglich. Mit etwas Obacht ist er ganz gut zu begehen. Nur bei wirklich hoher Flut in Kombination mit kräftigem Wind kann es manchmal schwierig werden.
Den ersten Kilometer sticht der Damm von der Deichkrone gerade hinaus, dann biegt er leicht nach rechts ab. Der Weg führt drei Meter über Normalnull ins scheinbare Nirgendwo. Man sieht und spürt das Meer, den Himmel, die Weite.
In der Dämmerung und in der Dunkelheit sieht man das Spiel der Lichter – die von Cuxhaven und die von Büsum, die der Schiffe, die nach Hamburg fahren und in die weite Welt und die der Ölbohr-Plattform Mittelplate mitten im Watt. Ein Gefühl kommt auf, ganz weit weg vom Rest der Welt zu sein. Tagsüber sieht man die Vögel im Wind, nachts den Sternenhimmel so schön wie kaum anderswo.
Eine Himmelsleiter zum Strandparadies
Der Bohlenweg führt durch die Dünen. Hier im Norden der Insel Amrum ist es karg und wildromantisch. Es riecht würzig, kräftig nach irgendwelchem Kraut und staubig nach Sand und Land. Und dort, wo der Wind hineingreift und wenn er westlich – also übers Meer – kommt, da riecht es auch schon nach der See.
Der Weg führt vorbei an vom ewigen Wind verbogenen Bäumen und er führt auf eine letzte, hohe Düne hinauf. Es ist ein schöner und gut zu gehender Weg, der gefühlt ans Ende der Welt führt. Ist der höchste Punkt erreicht, erfasst die Aura des Meeres den Wanderer oft unmittelbar. Der Wind packt zu und die Höhe überrascht. Schließlich heißt die Treppe seeseitig auch „Himmelsleiter” – und dieser Blick auf den Kniepsand, diese unfassbare und unbegreifliche Masse Sand, und die Nordsee in ihrer scheinbaren Unendlichkeit, in den Himmel und auf den Horizont…
Endlich ist man am Meer. Der erste Eindruck ist überwältigend, wenn man diesen Punkt von Land aus erreicht. Die Weite und die Ferne, das Meer und die Sehnsucht. Es empfiehlt sich, zur beginnenden Dämmerung zu kommen. Die Farben sind dann kräftiger und das tief stehende Licht modelliert. Vielleicht sieht man in der kommenden Dunkelheit beispielsweise die Lichter von Hörnum auf Sylt, das Führlicht des Amrumer Leuchtturms wischt übers Land und über das Meer und am Firmament prickeln die Sterne. Diese Leiter ist echt himmlisch.
Ein Blick von der Hochseeinsel
Rund 60 Meter liegt das Oberland von Helgoland über dem Meer. Das Festland ist 50 bis 70 Kilometer entfernt. Man kann es wegen der Erdkrümmung selbst von hier oben aus nicht direkt sehen, nächtens aber indirekt manchmal die Lichter der Welt, die man für ein paar Tage hinter sich gelassen hat – zum Beispiel das raumgreifende Licht ferner Leuchttürme.
Man nimmt den Aufzug hinauf oder schafft bis zu 260 Treppenstufen. Die Insel liegt in der offenen See und ringsherum ist nicht unbedingt nur Meer. Denn wer genauer hinsieht, vielleicht sogar das Fernglas nimmt, erkennt die Nachbarinsel Düne, Schiffe auf Fahrt und solche auf Reede, abertausende Vögel. Auch die machen Helgoland – besonders das Oberland – zu etwas Besonderem und Einzigartigem.
Der Weg führt bald an die Kante. Die Ausblicke sind Schwindel erregend und Atem beraubend. Es ist sehr erhaben, hier zu stehen und hier zu schauen. Mächtige rote Felswände stehen in der See und der Felsenturm der Langen Anna. Die Felswände und Felstürme sind bewohnt von Seevögeln, die hier nisten, brüten und die Jungen aufziehen – oder sich wie der Lummen-Nachwuchs irgendwann hinabstürzen.
Dorthin, nach unten, fällt der Blick auch immer wieder automatisch, wie durch einen seltsamen Sog. Er fällt auch in die flatterhaften Wohngemeinschaften von Lumme und Tordalk, von Dreizehenmöwe und Eissturmvogel, in die vom Basstölpel. Man fragt sich nicht, wohin man zuerst schauen soll, sondern nur, wie lange man bleiben kann.
Weitsicht zu den Halligen
Man nennt das hier auch den Balkon von Nordfriesland: Der Stollberg in Nordfriesland – nördlich von Bredstedt – ist mit knapp 45 Metern eine der höchsten natürlichen Erhebungen an der Nordseeküste von Schleswig-Holstein. Oendrauf steht ein 100 Meter hoher Fernsehturm mit einer Aussichtsplattform in rund 20 Metern Turmhöhe.
Der Blick reicht über die Köge und an die Küste, über die Marsch an das Watt, auf die Inseln und eben die Halligen. Vom Festland in Nordfriesland schaut man hinaus auf das UNESCO-Welterbe Wattenmeer. Deshalb heißt der Stollberg auch „Balkon Nordfrieslands”.
Interessant ist der Gedanke, dass vor knapp einem halben Jahrtausend hier noch die Nordsee mit ihren Wellen anschlug. Doch der Berg bot nicht nur Aussicht, sondern auch Sicherheit. Urnen aus der Steinzeit wurden hier gefunden. Bereits zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde die Kirche St. Nikolai in Bordelum gegründet – und die Gerüchte um ein altes friesisches Heiligtum an dieser Stelle sind nie ganz verstummt. Immerhin galt die Quelle einst als heilig und sprudelt noch immer am Stollberg.
Die Auffahrt auf einen Berg nahe der Küste ist zwar ungewöhnlich, doch er macht Sinn – zum einen der Aussicht wegen, zum anderen wegen des differenzierten Landschaftsbildes. Hier beginnt die Geest – der hohe Hügel-Rücken, der sich parallel der Küste bis hinunter nach Dithmarschen zieht. Der Blick von hier oben nach da unten lohnt sich, immer wieder. www.nordfrieslandtourismus.de
Der Blick vom Kliff
Das Morsum Kliff auf Sylt ist nicht nur einer der schönsten Küstenabschnitte an der Nordsee Schleswig-Holsteins – die Abbruchkante zählt auch zu den wichtigsten geologischen Denkmälern in Deutschland. So schön ist die Kante, so wertvoll das Kliff auch für den Naturschutz, dass es mit der Heide als Hinterland vor 100 Jahren unter Schutz gestellt wurde.
Mit dem Morsum Kliff erstreckt sich am nördlichen Ufer des östlichen Landzipfels der Insel auf einer Länge von knapp zwei Kilometern eine Abbruchkante, die mancherorts mehr als 20 Meter über das Wattenmeer aufragt. Im Licht der späten, untergehenden Sonne leuchtet das Kliff in einem tiefen, satten Rot auf. Kontraststark ist dazu der weiße Kaolin-Sand, der mancherorts die Hänge bedeckt.
Das Morsum Kliff ist von unten ebenso schön wie von oben. Der Weg hinauf führt durch ein Gebiet, das „Klein Afrika” heißt. Möglicherweise wegen seiner Wüstenhaftigkeit, seines Sandes und seiner nach Sandstaub schmeckenden Sonnenwärme. Auch oben führen Wege, durch das Schutzgebiet. Es gilt dabei ein Wegegebot, der Natur und der eigenen Sicherheit wegen.
Der Blick fällt auf das Wattenmeer und das Kliff, auf den trockengefallenen Meeresboden auch. Doch die Flut kommt: Man sieht das Wasser heranrücken in einem tiefen, kühlen Blau – dem Blau des Meeres – und über der nördlichen Silhouette der Insel versinkt die Sonne mit einer orange-roten Aura in der Nordsee. Wer nun nach Osten blickt von dieser hohen Warte, der sieht vielleicht den Mond aufgehen und die See geheimnisvoll glitzern.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.