Pünktlich zum Start der Buckelwal-Saison am Ningaloo Reef im Westen von Australien wurde Mitte Juli ein wohl erst wenige Tage altes, schneeweißes Buckelwal-Baby zufällig aus der Luft entdeckt. Albino-Wal-Babys sind äußerst selten.
Jedes Jahr zwischen Juli und Oktober, wenn etwa 40.000 Buckelwale auf ihrem jährlichen Zug die Küste von Westaustralien passieren, dürfen Besucher in Exmouth und Coral Bay am Ningaloo Reef (Nyinggulu) mit den riesigen Meeressäugern um die Wette planschen. Den bis zu 40 Tonnen schweren und bis zu 19 Meter langen Tieren im Wasser zu begegnen, ist ein unvergessliches Erlebnis.
Nachdem im Juni 2023 vor der Küste von Queensland der berühmte „Migaloo” – ein schneeweißes Buckelwal-Männchen – wieder aufgetaucht war, gibt es nun wohl auch am Ningaloo Reef einen „Migaloo”, wie die Aborigines einen „weißen Kerl“ nennen.
Gavin Penfold, Pilot des Ultraleichtflugzeugs „Birds Eye Ningaloo” von Ocean Eco Adventures war für eine Walhai-Schwimmtour unterwegs, als er den kleinen, völlig weißen Buckelwal und seine Mutter aus der Luft entdeckte. Auch für den erfahrenen Piloten war dies ein besonderes Erlebnis.
„Das Kalb schien erst etwa eine Woche alt zu sein. Also wurde es wahrscheinlich hier in Ningaloo geboren. Wir wissen noch nicht, ob es wirklich ein Albino ist – wir müssen abwarten und sehen, wie es wächst”, so Penfold. Etwa 15 Minuten konnten die Passagiere an Bord des Schiffs von Ocean Eco Adventures die beiden Buckelwale beobachten, bevor Mutter und Kalb weiterzogen.
Seit 2016 laufen am Ningaloo Reef erfolgreich sogenannte „trials“ – in einer Testphase befindliche Touren, bei denen die Besucher mit Buckelwalen schwimmen und den Ozeanriesen im Wasser begegnen dürfen. Mit an Bord ist immer ein Meeresbiologe, der Daten sammelt und auswertet. Inzwischen haben zwölf Anbieter eine Lizenz für das Schwimmen mit Buckelwalen.
Die Touren finden im Meeresschutzgebiet Ningaloo Marine Park statt, der zusammen mit dem Cape Range Nationalpark 2011 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt wurde. Auch deshalb unterliegen sie strengen Regeln und der Aufsicht des Department of Biodiversity, Conservation & Attractions (DBCA).
So sollen die Sicherheit der Tiere und Menschen gewährleistet und die Tiere nicht in ihrem natürlichen Verhalten gestört werden. Wissenschaftler bestätigen, dass die Touren am Ningaloo Reef die weltweit umweltfreundlichsten sind und den geringsten Einfluss auf die Tiere haben. Ein Teil der Einnahmen fließt außerdem in die Forschung.
Wie die Interaktion mit den intelligenten Säugetieren im Wasser dann tatsächlich aussieht, hängt ganz von der Laune der Wale ab. Einem Buckelwal im Wasser zu begegnen ist ein Erlebnis, das man sein Leben lang nicht vergisst. Wenn die intelligenten Meeressäuger neugierig genug sind, umrunden sie die Gruppe der Schwimmer einige Male, bevor sie weiter ziehen.
Wenn das Spotter Plane – also das Flugzeug, das in der Luft nach den Buckelwalen Ausschau hält – ein Tier oder eine Gruppe von Tieren gesichtet hat, die das Verhalten zeigen, das für eine Begegnung im Wasser günstig ist, gibt der Pilot dem Skipper die Position durch. Die Teilnehmer werden dann etwa 200 Meter vom Tier entfernt als kleine Gruppe von maximal sieben Personen ins Wasser gelassen.
Mithilfe des Piloten, der über Funk mit dem Guide im Wasser in Verbindung steht, positioniert sich die Gruppe der Schwimmer dann noch etwas besser. Danach heißt es darauf warten, dass der Wal vorbeizieht. Aktiv mitschwimmen wie bei einer Walhai-Tour dürfen die Teilnehmer nicht. In 78 Prozent der Fälle ist die Interaktion mit den Buckelwalen im Wasser erfolgreich. Im Schnitt verbringen die Schwimmer vier Minuten mit den Tieren.
„Und dann findet eine Art Countdown statt. Noch 100 Meter weg, 50 Meter, 40 Meter und die Vorfreude steigt. Dann tauchen alle Schwimmer ihr Gesicht ins Wasser und lassen sich in einer halb-vertikalen Position treiben, sodass sie die Anweisungen des Guides noch hören können. Der Buckelwal bestimmt, was passiert. Manchmal schwimmt er unter unseren Gästen durch, manchmal seitlich vorbei. Bei dieser ersten Begegnung, die wir „fly by“ nennen, überprüfen sie uns. Und wenn sie neugierig genug sind, dann drehen sie noch einmal um, um die Gruppe einmal oder mehrmals zu umrunden. Manchmal drehen sie sich in unserer Nähe auch etwas auf die Seite. Sie sind so unglaublich beweglich. Sie wissen genau, wie groß sie sind. Vielleicht passiert es sogar, dass eine Mutter mit ihrem schon etwas älterem Kalb ihre Seitenflosse hebt und wir ihr Kind etwas genauer sehen können. In Wirklichkeit zeigt sie uns aber nicht ihr Kalb, sondern zeigt ihrem Kalb unsere Gruppe Schwimmer. Wenn sie eine kleine Show für uns machen, ist das wirklich magisch. Wenn der Wal dir direkt in die Augen schaut, ist das einfach unglaublich. Säugetiere sind intelligent und Buckelwale entscheiden wirklich selbst, ob sie mit uns interagieren möchten und in welcher Form. Sie sind groß, sie sind schnell, sie wissen, zu was sie fähig sind. Und wir sind einfach so klein in ihren Augen.“
Sonia Beckwith vom Anbieter Live Ningaloo
Anbieter am Ningaloo Reef
Dank intensiver Schutzmaßnahmen hat sich die Buckelwal-Population in Westaustralien, die aufgrund des bis 1978 erlaubten Walfangs viele Jahre bedroht war, besonders gut erholt. Heute zählt sie wieder etwa 40.000 Tiere – Tendenz steigend.
Pionier unter allen Anbietern, die am Ningaloo Reef mit Buckelwalen schwimmen, ist Coral Bay Eco Tours. Von Stunde eins durfte die erfahrene Crew an den „trials“ teilnehmen. Exmouth Dive & Whalesharks bietet als einziger Leistungsträger eine sogenannte „in water interaction guarantee“. Wenn die Gäste auf einer Tour nicht mit einem Buckelwal oder Walhai schwimmen konnten, erhalten sie einen Rabatt von 50 Prozent auf eine zweite Tour.
Live Ningaloo wiederum bietet Touren für besonders kleine Gruppen an. Es befinden sich maximal zehn Gäste an Bord – und nur sieben Schwimmer dürfen gleichzeitig ins Wasser. So wird das Erlebnis qualitativ noch hochwertiger und intensiver.
Das größte Saumriff der Erde
Das Ningaloo Reef an Australiens Westküste gilt als das größte Saumriff der Erde und als eines der letzten intakten Meeresparadiese weltweit. Hier leben mehr als 500 verschiedene tropische Fischarten, 250 Korallenarten, Buckelwale, Mantarochen, Seekühe und Schildkröten.
Anders als am Great Barrier Reef können die Besucher am Ningaloo Reef direkt vom Strand aus mit Flossen und Schnorchel auf Entdeckungstour durch die Korallengärten gehen. Jedes Jahr zwischen März und Juli, wenn die Korallen blühen und es Nahrung im Überfluss gibt, besuchen Walhaie das Riff. Auch mit ihnen können die Besucher im Rahmen von Touren schwimmen.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.