Der nördliche und zentrale Abschnitt des Great Barrier Reef verzeichnet derzeit die größte Dichte an Korallen seit Beginn der Aufzeichnungen durch das Australian Institute of Marine Science (AIMS) vor 36 Jahren. Der „Annual Summary Report of Coral Reef Condition 2021/22“ berichtet von einem weiteren Jahr mit einem zunehmenden Korallenvorkommen in den meisten Teilen des Riffs.
In den 87 repräsentativ ausgewählten Riff-Sektionen, die zwischen August 2021 und Mai 2022 im Rahmen des AIMS-Long-Term Monitoring Program untersucht wurden, stieg die durchschnittliche Dichte an Steinkorallen in der Region nördlich von Cooktown auf 36 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es noch 27 Prozent.
Auch im Central Great Barrier Reef ist die Dichte an Steinkorallen auf 33 Prozent angestiegen. Ein Jahr zuvor waren es 26 Prozent. Allerdings sank die Korallendichte im südlichen Great Barrier Reef zwischen Proserpine und Gladstone – in erster Linie wegen der starken Ausbreitung der für das Riff schädlichen Dornenkronen-Seesterne.
Laut Paul Hardisty, CEO des AIMS, sind die guten Studienergebnisse im Northern und Central Great Barrier Reef allerdings vor allem auf das schnelle Wachstum der Acropora-Korallen zurückzuführen – und diese Korallen sind sehr anfällig gegen Wellen, die durch starke Winde und tropische Zyklone hervorgerufen werden, und auch für Korallenbleichen, wenn die Wassertemperaturen am Great Barrier Reef steigen. Zudem sind sie die bevorzugte Nahrungsquelle für Dornenkronen-Seesterne.
Hardisty verschweigt auch nicht, dass in diesem Jahr neuerlich eine Korallenbleiche zu beobachten war – zum vierten Mal in sieben Jahren. Sie hatte allerdings keine so starken Auswirkungen wie die in den Jahren 2016 und 2017. Die letzten Erkenntnisse würden somit zeigen, dass sich das Riff ohne starke Umwelteinflüsse durchaus wieder regenerieren könnte.
„In 36 Jahren haben wir noch nie so viele Bleichen in so kurzer Zeit nacheinander verzeichnet. Jeder Sommer bedroht das Riff durch die immer weiter ansteigende Wassertemperatur.“
AIMS-CEO Paul Hardisty
Jedes Jahr verbringt ein Team von Meereswissenschaftlern des AIMS mehr als 120 Tage auf See, um zwischen 80 und 130 Riffe zu vermessen. Das „Long-Term Monitoring Program“ des AIMS ist seit 36 Jahren die größte und umfangreichste Informationsquelle zum Gesundheitszustand des Great Barrier Reef und hilft dabei, die Langzeitentwicklung vieler Korallen zu bestimmen.
Das Great Barrier Reef liegt vor der Küste des australischen Bundesstaates Queensland und hat eine Länge von rund 2.300 Kilometern. Seine Gesamtfläche von etwa 350.000 Quadratkilometern entspricht der Größe von Deutschland. Es ist das weltgrößte Korallenriff und der größte lebende Organismus der Erde, den man aufgrund seiner Dimension sogar vom Weltall sehen kann.
Insgesamt besteht das Great Barrier Reef aus rund 3.000 Einzelriffen und mehr als 1.000 Inseln. Im „größten Aquarium der Welt“ leben rund 1.600 Fisch- und 600 Korallenarten. Am einfachsten können Besucher in die Unterwasserwelt bei organisierten Tauch- oder Schnorchelausflügen eintauchen. Die Boote laufen ganz unterschiedliche Ziele an – wie eine Koralleninsel, eine kleine Sandbank, eine Plattform – oder sie ankern auf dem offenen Meer.