2020 hätte das Jahr von Rijeka werden sollen. Es wäre eine Chance gewesen, sich unter dem Motto „Hafen der Vielfalt“ der ganzen Welt zu zeigen. Mehr als 1.000 Events waren im Rahmen von RIJEKA 2020 geplant, aber sehr viele fielen der Pandemie zum Opfer. Trotzdem sind zahlreiche interessante Projekte gekommen, um zu bleiben.
Kunst unter freiem Himmel war in der pandemiegebremsten Kulturhauptstadt Rijeka möglich und werten nun den öffentlichen Raum dauerhaft auf – wie etwa Murals, Installationen und Skulpturen zeitgenössischer Künstler an den Küsten des Festlands und der Inseln, die durch das Projekt „Lungomare Art” entstanden.
Langfristig gesehen bleibt der quirligen Hafenstadt und ihren Besuchern aber weit mehr. So attestierte die Kulturmanagerin Irena Kregar Segota RIJEKA 2020 die „größte Investition in Kroatiens Kultur seit 1945”, wobei die Restaurierung und Verwandlung des über viele Jahre verwaisten Bencic-Industriekomplexes in ein Kunst- und Kulturviertel sicherlich das wertvollste Erbe des Kulturtitels darstellt.
Er beheimatet seither unter anderem das Stadtmuseum in der ehemaligen Zuckerfabrik – der Wiege des Fortschritts im 19. Jahrhundert. Wer sich für die Geschichte der Stadt und allerlei Kurioses interessiert, wird sich womöglich sehr lange in den 30 Räumen aufhalten. Die einstige Tabakfabrik birgt wiederum das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst – ein lebendiger, abwechslungsreich bespielter und auch familientauglicher Ort.
Am begehbaren Wellenbrecher Molo Longo im Stadthafen startete Titos wundersame Staatsyacht „Galeb” ihr neues Leben als Museum und im Kroatischen Nationaltheater – gleich neben den Markthallen aus altösterreichischen Zeiten – zeigen sich die Deckengemälde von Gustav Klimt frisch restauriert.
Darüber hinaus sind natürlich auch die unvergleichliche Markt- und Hafenatmosphäre, die beliebte Einkaufspromenade Korzo und die Aussichtsburg Trsat jederzeit einen Besuch wert. Am besten, man lässt sich einfach durch die Stadt treiben.
Nicht zuletzt ist die lebendige Gastronomieszene mit Cafés, Restaurants, Konobas und Bars im Kontext der Kulturhauptstadt RIJEKA 2020 noch bunter geworden. Seit 2021 finden Feinschmecker im neu eröffneten Hilton Hotel mit dem Restaurant „Nebo„sogar ein vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnetes Gourmetrestaurant.
Essen und Trinken in Rijeka
- Restaurant Nebo: In Rijekas neuem Gourmet-Aushängeschild im Hilton Rijeka Costabella schaffte der junge Küchenchef Deni Srdoc gleich zum Auftakt einen Michelin-Stern – Opatijska Ulica 9
- Cukarikafe: Kaffee und Törtchen im Vintage-Ambiente – Trg Jurja Klovića 4
- Bracera: Top Pizza in spannender Atmosphäre – Kružna 12a
- Book Café Dnevni Borovak: Gemütliches Café mit besonderem Flair – Ciottina 12a
- Boonker: Stylische Kultadresse als Café und Pizzeria in einem ehemaligen Bunker direkt am Hafen
- Grad – eat, drink & mingle: Lokal mit der berühmten Kaokakao-Patisserie und Mittagsgerichten – Riva Boduli 7b
- Konoba Fiume: Hafenlokal wie aus dem Bilderbuch – Vatroslava Lisinskog 12b
- Vintage Pub: Direkt in der Burg Trsat, 500 Stufen oberhalb der Innenstadt, tolle Aussicht über Rijeka
- Konoba Tarsa: Geheimtipp in Wohnviertel Trsat am Stadtrand, sehr gute Konoba-Küche – Josipa Kulfaneka 10
Übernachten in Rijeka
- Hilton Rijeka Costabella: neues Luxushotel etwas außerhalb der Stadt direkt am Meer, Top-Ausstattung, exquisite Küche, Gourmet-Restaurant (Michelin Stern) – Opatijska Ulica 9
- Grand Hotel Bonavia: sehr angenehmes Vier-Sterne-Cityhotel in perfekter Innenstadtlage – Dolac 4
- Designhotel Navis: stylisches Gourmethotel in fantastischer Lage an der Uferstraße nach Opatija
- Boutiquehotel Kukuriku: zauberhaftes Altstadthotel mit Designzimmern und exzellentem Slow Food-Restaurant im vier Kilometer entfernten Bergstädtchen Kastav
- Botel Marina: einfaches, aber sehr originelles schwimmendes Hotel in einem einstigen Fährschiff im Hafen von Rijeka, regelmäßige Musik-Gigs
Drei Fragen an Velid Dekic
Velid Dekic ist Autor mehrerer Bücher über Rijekas Industrie‑, Musik- und Stadtgeschichte und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Stadtmuseum. Wir haben ihm drei Fragen zu Rijeka gestellt:
Das neue Stadtmuseum ist bei Einheimischen sehr beliebt. Was macht es für Touristen interessant?
Velid Dekic: Der größte barocke Geschäftspalast der Habsburgermonarchie ist mit seinem imposanten Interieur, der szenografisch eindrucksvollen Haupttreppe, den frisch restaurierten Wandveduten und den schönen Reliefs an den Gewölben per se schon beeindruckend. Als ehemaliges Hauptquartier der Zuckerfabrik markiert er aber auch die Industrialisierung der Stadt im positiven Sinne, denn dank dieser Anlage entwickelte sich Rijeka im 19. Jahrhundert von einer Hafenstadt mit nur 4.000 Einwohnern in eine moderne, lebenswerte Metropole. Eine spannende Geschichte, die in Form von 30 Themen in 30 Räumen entdeckt werden kann.
Welcher dieser Räume ist Ihr persönlicher Favorit?
Velid Dekic: Ein kleines Zimmer im zweiten Stock, in dem das einzige Lebewesen ausgestellt ist. Auf den ersten Blick ist es eine Nachbildung des Männerkopfes der Hauptfassade als Herr über Raum und Mensch. Ein Trugbild, denn in Wahrheit ist die Zuckerrohrpflanze ihm gegenüber der Star des Raumes – ja des gesamten Museums. Ohne sie – beziehungsweise ihre Artgenossen aus der Vergangenheit – wäre dieser Palast nicht hier. Die Museums-Crew pflegt die Pflanze entsprechend liebevoll.
Rijekas Stolz ist die Erfindung des Torpedos, die freilich mehrdeutig betrachtet werden kann. Wie sehen Sie das?
Velid Dekic: Der in Rijeka geborene Giovanni Luppis erfand den Torpedo 1860 zum Schutz seiner Heimat vor Seeangriffen. Er nannte ihn „Wächter der Küste”. Kann man ihm das verübeln? Für mich zeugt seine Erfindung von der fantastischen Kraft der menschlichen Kreativität. Und die hat viele Gesichter. So könnte man ohne die technischen Lösungen, die uns Torpedos aufzeigen, weder ins All gelangen noch U‑Boote unter Wasser steuern. Auch das Bugstrahlruder und der Kurshalter in der Schifffahrt sind friedliche Nebenwirkungen der Torpedo-Erfindung.
www.muzej-rijeka.hr / www.mmsu.hr
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.