Emilia Romagna: Entdeckungsreise entlang der Via Emilia

Viele Wege durch Ita­lien füh­ren nach Rom – und man­che da­von sind so schön, dass man un­ter­wegs das Ziel aus den Au­gen ver­liert. Die Städte ent­lang der „Via Emi­lia” – seit mehr als 2.000 Jah­ren die wich­tigste Han­dels­straße der Emi­lia Ro­ma­gna – zäh­len zu die­sen Ver­lo­ckun­gen, die schnell vom Rei­se­plan ab­brin­gen könn­ten.

Das Kunst­werk heißt „Ferro“ und so sieht es auch aus – drei­di­men­sio­nale, un­re­gel­mä­ßig ge­formte Ei­sen­röh­ren, die in Schei­ben ge­schnit­ten und neu zu­sam­men­ge­fügt auf eine Lein­wand ge­na­gelt wur­den. Al­berto Burri – welt­weit be­kannt für seine abs­trak­ten Ma­te­ri­al­bil­der – hat es ge­schaf­fen. Heute ist es Teil der „Col­le­zione Ma­ra­motti”, die rund 500 Ex­po­nate aus den Jah­ren 1945 bis heute um­fasst.

Bo­lo­gna (c) pix­a­bay

Die Ma­ra­mot­tis sind die Grün­der und In­ha­ber von Max Mara. Ihre Kunst­samm­lung ist in der ehe­ma­li­gen Werks­halle des Mo­de­la­bels zu se­hen, die nicht in Mai­land, Flo­renz oder Rom steht, son­dern am Rande von Reg­gio Emi­lia – ei­nem 170.000 Ein­woh­ner-Städt­chen in der Emi­lia Ro­ma­gna. Sie ist für Be­su­cher ge­öff­net und nur ei­nes der zahl­rei­chen Kul­tur­high­lights, die diese Re­gion zu bie­ten hat.

Die Städte der Emi­lia Ro­ma­gna bie­ten sich ge­ne­rell für eine Zeit­reise durch ver­schie­dene Epo­chen an – von by­zan­ti­ni­scher Ar­chi­tek­tur über mit­tel­al­ter­li­che Kir­chen bis zu Kunst aus der Re­nais­sance und Meis­ter­wer­ken der Belle Epo­que.

Piazza Mer­can­zia /​ Log­gia dei Mer­canti (c) Bo­lo­gna Wel­come

Bo­lo­gna mit sei­nen zahl­rei­chen Bei­spie­len mit­tel­al­ter­li­cher Bau­kunst steht da­bei an vor­ders­ter Stelle. Hier be­fin­det sich der Sitz ei­ner 1088 ge­grün­de­ten Universität – der ältesten Eu­ro­pas. Ihr wer­den große Na­men als Stu­den­ten zu­ge­schrie­ben, wie etwa Dante, Eras­mus von Rot­ter­dam und Ko­per­ni­kus.

Im im­po­san­ten Back­stein­pa­last Log­gia dei Mer­canti wer­den seit dem 14. Jahr­hun­dert die Han­dels­ak­ti­vi­tä­ten der Stadt ge­re­gelt. Das Turm-Duo Ga­ri­senda und Asi­nelli – üb­rig ge­blie­ben von mehr als ein­hun­dert Hoch­häu­sern – be­scherte Bo­lo­gna die Be­zeich­nung „Man­hat­tan des Mit­tel­al­ters”.

Ar­chi­gin­na­sio (c) Bo­lo­gna Wel­come

Als be­son­de­res High­light gilt das so­ge­nannte Ana­to­mi­sche Thea­ter im ehe­ma­li­gen Uni­ver­si­täts­ge­bäude Ar­chi­gin­na­sio – ein 1637 ent­stan­de­ner, holz­ver­tä­fel­ter Saal mit ei­ner Kas­set­ten-De­cke, ei­nem Leh­rer-Hoch­sitz mit Bal­da­chin, ei­nem Se­zier­tisch aus wei­ßem Mar­mor und zahl­rei­chen Holz­sta­tuen, die die be­rühm­ten Me­di­zi­ner der An­tike dar­stel­len.

Ein be­rühm­ter Sohn Bo­lo­gnas ist der ver­stor­bene Film­re­gis­seur, Dich­ter und Pu­bli­zist Pier Paolo Pa­so­lini, der in die­sem Jahr sei­nen 100. Ge­burts­tag ge­fei­ert hätte. Der Fil­me­ma­cher wird mit ei­nem Rück­blick auf sein Schaf­fen, vie­len Ver­an­stal­tun­gen, Ver­öf­fent­li­chun­gen, Film­vor­füh­run­gen und ei­ner Aus­stel­lung in der Ci­ne­teca Bo­lo­gna ge­fei­ert.

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Por­tico della Morte (c) Via dei Musei (c) Bo­lo­gna Wel­come

Ty­pisch für Bo­lo­gna sind auch die wun­der­schö­nen, meist schwung­voll ge­wölb­ten Lau­ben­gänge, die sich über gut 40 Ki­lo­me­ter durch die Stadt zie­hen und viele der präch­ti­gen Plätze, Kir­chen und Pa­läste mit­ein­an­der ver­bin­den. Sie zäh­len seit 2021 zum UNESCO-Welt­kul­tur­erbe.

An­derswo in der Emi­lia Ro­ma­gna glänzt der UNESCO-Stem­pel schon et­was län­ger. Vier Städte wur­den kom­plett zum Welt­kul­tur­erbe er­ho­ben – dar­un­ter auch Fer­rara mit sei­nen präch­ti­gen Re­nais­sance-Pa­läs­ten, dem Schloss der Adels­dy­nas­tie der Este, ei­ner ki­lo­me­ter­lan­gen Stadt­mauer und ei­nem ver­win­kel­ten jü­di­schen Ghetto.

Fer­rara /​ Mu­seo della Cat­te­drale (c) Vanni Laz­z­ari

Ra­venna glänzt mit fan­tas­ti­schen früh­christ­li­chen Mo­sai­ken in Kir­chen, Tauf­ka­pel­len und Mau­so­leen, wäh­rend Mo­dena mit sei­ner im­po­san­ten Ka­the­drale, dem fast 90 Me­ter ho­hen Ghir­land­ina-Turm und der in je­der Hin­sicht groß­ar­ti­gen Piazza Grande je­den Be­su­cher be­geis­tert.

Schließ­lich ge­hört auch noch Reg­gio Emi­lia dazu – im Jahr 175 vor Chris­tus von den Rö­mern ge­grün­det und seit Jahr­hun­der­ten ein Kul­tur­zen­trum, in des­sen Mit­tel­punkt das 1857 er­öff­nete Tea­tro Valli mit neo­klas­si­scher Fas­sade und ver­gol­de­ten De­cken­ge­mäl­den steht.

Ra­venna /​ Ba­si­lica di San Vi­tale (c) hispa­lois

An­dere Städte ha­ben aber ebenso ih­ren Reiz, wie zum Bei­spiel Parma – Ita­li­ens Kul­tur­haupt­stadt in den Jah­ren 2020 und 2021. Die Gour­met-Hoch­burg mag vor al­lem für Par­me­san und Par­ma­schin­ken be­kannt sein, doch sie blickt auch auf eine lange Zeit hö­fi­scher Kul­tur zu­rück. Die präch­tige Ka­the­drale und das über 800 Jahre alte Bap­tis­te­rium sind fast so schön wie ihre Flo­ren­ti­ner Pen­dants, aber nicht halb so über­lau­fen.

Der kle­ri­kale und welt­li­che Adel be­scherte Parma ar­chi­tek­to­ni­schen und kul­tu­rel­len Glanz, wie etwa das zau­ber­hafte, der Mai­län­der Scala nach­emp­fun­dene Tea­tro Re­gio, in dem je­des Jahr ein viel be­ach­te­tes Verdi-Fes­ti­val statt­fin­det, oder den groß­ar­ti­gen Pa­lazzo della Pi­lotta – ehe­ma­li­ger Wohn­sitz der Far­nese mit dem nach ih­nen be­nann­ten ba­ro­cken Holz­thea­ter.

Parma /​ Tea­tro Far­nese (c) han­ni­nen

Zu den Se­hens­wür­dig­kei­ten von Pia­cenza – dem nörd­li­chen Tor zur Emi­lia Ro­ma­gna – zäh­len zau­ber­hafte Plätze wie die Piazza dei Ca­valli oder die Piazza del Duomo und Pa­läste wie der go­ti­sche Pa­lazzo Co­mu­nale oder der im­po­sante, von Mar­ga­rete von Ös­ter­reich er­baute Pa­lazzo Far­nese, in dem sich heute das Stadt­mu­seum mit ei­ner ein­zig­ar­ti­gen Kut­schen-Samm­lung be­fin­det.

Der Dom von Pia­cenza mit den wun­der­schö­nen Fres­ken Guer­ci­nos hat in die­sem Jahr sein 900-jäh­ri­ges Ju­bi­läum. Das 100.000 Ein­woh­ner zäh­lende Städt­chen ver­fügt zu­dem über gleich meh­rere Thea­ter und Opern­häu­ser. Mit Ab­stand am präch­tigs­ten ist das zu Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts er­rich­tete Tea­tro Mu­ni­ci­pale, das mit ro­tem Samt, Gold­or­na­men­ten und ei­nem hoch­ka­rä­ti­gen Opern- und Bal­lett-Pro­gramm punk­tet.

Ce­sena /​ Bi­blio­teca Mala­tes­tiana (c) Fa­bri­zio Pasi

Das in Küs­ten­nähe in ei­ner sanf­ten Hü­gel­land­schaft ein­ge­bet­tete Städt­chen Ce­sena ist eben­falls ei­nen Be­such wert – und sei es nur, um ei­nen Blick in die Bi­blio­teca Mala­tes­tiana zu wer­fen. Der Buch­be­stand der 1492 er­rich­te­ten Klos­ter­bi­blio­thek ist kom­plett er­hal­ten und um­fasst 341 Hand­schrif­ten und 48 ge­druckte Bände aus dem 8. bis 15. Jahr­hun­dert – vor­wie­gend mit phi­lo­so­phi­schen Tex­ten und schmü­cken­den Mi­nia­tu­ren.

Nicht weit von Ce­sena ent­fernt liegt Forlì. Im Her­zen des his­to­ri­schen Stadt­zen­trums be­fin­det sich der re­no­vierte Mu­se­ums­kom­plex San Do­me­nico mit in­ter­na­tio­na­len Kunst­aus­stel­lun­gen. Schließ­lich ist noch Ri­mini zu er­wäh­nen. Schon Mitte des 19. Jahr­hun­derts la­gen die ers­ten Ur­lau­ber am 15 Ki­lo­me­ter lan­gen Strand – der An­fang des heu­ti­gen Tou­ris­mus an der Adria.

Mo­dena /​ Torre Ghir­land­ina (c) cy­ber­keak

Doch das ist nur die eine Seite der Me­daille. In ei­ni­ger Ent­fer­nung von Ba­de­an­stal­ten und Strand­lo­ka­len hat ein his­to­ri­scher Stadt­kern über­lebt, der von den meis­ten Tou­ris­ten kaum wahr­ge­nom­men wird. Die ovale Piazza Tre Mar­tiri mit ih­ren Ter­ras­sen-Ca­fés gilt als ele­gan­ter Sa­lon und als Treff­punkt des Städt­chens.

Ein paar Schritte wei­ter den Corso ent­lang liegt die Piazza Ca­vour – ein ma­jes­tä­ti­scher Platz mit mit­tel­al­ter­li­chen Pa­läs­ten, dem schnee­wei­ßen Pi­gna-Brun­nen und dem präch­ti­gen Tea­tro Galli, das 1857 von Giu­seppe Verdi ein­ge­weiht und erst kürz­lich nach 75 Jah­ren als vom Krieg zer­bombte Ruine in­stand­ge­setzt und wie­der­eröff­net wurde.

Reg­gio Emi­lia /​ Ba­si­lica della Ghiara (c) Apt Ser­vizi

In den ver­win­kel­ten Gas­sen des Fi­scher­vier­tels Borgo San Giu­liano – dem äl­tes­ten Teil der Alt­stadt – sind Mu­ra­les zu se­hen, die die Fas­sa­den der al­ten Fi­scher­häus­chen schmü­cken. Sie zei­gen Sze­nen aus Fellini-Fil­men und hul­di­gen da­mit dem be­rühm­ten Re­gis­seur, der in Ri­mini ge­bo­ren und be­gra­ben wurde und dem die Stadt im ver­gan­ge­nen Jahr mit der Er­öff­nung des Fellini-Mu­se­ums ein Denk­mal ge­setzt hat.

Ein wei­te­res High­light ist ein Be­such der neuen Pa­lazzi del­l’Arte Ri­mini (PART): Zwei re­stau­rierte Stadt­pa­läste zei­gen eine Kunst­samm­lung, die mit Da­mien Hirst, Cars­ten Höl­ler, Va­nessa Bee­croft und Mimmo Pa­la­dino be­kannte Na­men der zeit­ge­nös­si­schen Krea­tiv-Szene ver­eint. Ein Be­weis, dass es für große Kunst keine Groß­stadt braucht.

travelemiliaromagna.it/en/art-culture

Autorin: Elisabeth Kapral

Als Ju­ris­tin hat Eli­sa­beth ge­lernt, ex­akt zu for­mu­lie­ren. Das kommt ihr jetzt zu­gute, wenn sie für travel4news schreibt. Wor­über sie schreibt, weiß sie da­bei ganz ge­nau, denn sie hat be­reits 108 der 193 in der UNO ver­tre­te­nen Län­der be­sucht – und viele von ih­nen auch mehr­fach.

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