Wer in Rimini gebadet, die Kirchen in Ravenna besichtigt und Tagliatelle al Ragù in Bologna gegessen hat, ist noch lange nicht durch mit der italienischen Provinz Emilia Romagna. Denn hier gibt es wunderschöne Orte zu entdecken, die nicht einmal alle Einheimischen kennen.
Bertinoro: Terrazzo della Romagna
Dass sich der kleine mittelalterliche Weiler unweit von Cesena, der ganz oben auf dem Monte Cesubeo, am Rande des Apennins thront, sehr selbstbewusst „Terrazzo della Romagna“ nennt, hat einen guten Grund: Der Blick von der Aussichtsterrasse an der Piazza della Libertà schweift über die sanft gewellte Landschaft der Emilia Romagna bis nach Bologna und Rimini.
Wer lange genug in die Ferne geschaut hat, dreht sich einfach um. Auf der gleichen Piazza stehen nämlich auch der imposante Palazzo Ordelaffi mit einem Uhrenturm, in dem das Rathaus untergebracht ist, und die 1247 errichtete Säule Colonna degli Anelli, die als Symbol des 11.000-Einwohner-Ortes und dessen historischer Gastfreundschaft gilt.
Auch jenseits der Piazza della Libertà ist Bertinoro sehenswert. Mit seinen alten Häusern, Türmen und Mauern, den Kirchen und Festungen, Trattorien und Weinlokalen ist der Ort ein ideales Ausflugsziel – ganz gleich, ob man sich an der Küste oder in einer der schönen Städte der Emilia Romagna befindet.
Pennabilli: Unterwegs im oberen Marecchia-Tal
Das hübsche Pennabilli im Hinterland von Rimini ist vor allem als Wohnort des 2012 verstorbenen Dichters und Künstlers Tonino Guerra bekannt. Sein Haus sowie viele seiner Open-Air-Kunstwerke können dort besichtigt werden.
Das Dorf im oberen Marecchia-Tal ist zudem Standort verschiedener Dauerausstellungen mit dem Sammelnamen „Orte der Seele” vom „Garten der vergessenen Früchte”, in dem beinahe verschwundene Obstbaumsorten wachsen, über das „Refugium der verlassenen Madonnen” mit einer Sammlung von Heiligenbildern bis zum „Wallfahrtsort der Gedanken”, in dem sieben rätselhafte Steinskulpturen und eine Bank zum Meditieren warten.
Es lohnt sich auch, den Kulturverein „Il mondo di Tonino Guerra” zu besuchen. Das Museum ist im Untergeschoss des Oratoriums Santa Maria della Misericordia aus dem 14. Jahrhundert untergebracht. Hier sind Skulpturen, selbst entworfene Möbel, Keramiken, Malereien, Wandteppiche und andere vom Künstler geschaffene Werke zu bewundern.
Burg Canossa: Auf den Spuren von Heinrich IV
Der stets unerfreuliche Gang nach Canossa bezieht sich auf den Bitt- und Bußgang von Heinrich IV zu Papst Gregor VII, der sich als Gast der Markgräfin Mathilde von Canossa in deren Burg auf einem Sandsteinhügel zwischen Bologna und Parma aufhielt. Der deutsch-römische Kaiser wartete drei Tage und drei Nächte kniend vor dem Eingangstor, bevor er vorgelassen wurde.
Tempi passati. Wer sich heute nach Canossa begibt, macht das mit Vergnügen. Vom ehemaligen Schloss stehen nur noch die Grundmauern, die erahnen lassen, wie mächtig es einst gewesen ist. 1878 erwarb der italienische Staat die stimmungsvolle Ruine. Auf dem Gelände befindet sich auch das Museum Naborre Campanini. Die dort gezeigten Artefakte stammen von den Ausgrabungen in der Burg und vermitteln ein Bild von Mathildes Leben und ihrer Zeit.
In der Region um das Schloss entstand 2018 die „Terre di Canossa“ – ein Netzwerk touristischer Routen. Es erstreckt sich von den Ausläufern des Apennins von Reggio Emilia bis ins Zentrum des fruchtbaren Val d’Enza zwischen den Provinzen Reggio Emilia und Parma und hat zum Ziel, Urlaubern die Geschichte und Kultur sowie die kulinarischen und weinbaulichen Produkte der Emilia Romagna näher zu bringen.
Castelvetro di Modena: Im Food-Himmel
Zwischen Modena und Bologna liegt Castelvetro di Modena. Diese kleine Gemeinde, die zur Römerzeit ein Militärlager beherbergte, zählt zu den sogenannten „Terre di Castelli“ und begeistert die Besucher heute mit ihrem authentischen, mittelalterlichen Flair. Besonders charmant ist die Piazza Roma, die mit ihrem hübschen Schachbrettboden und dem freistehenden Uhrenturm das Herzstück des Ortes bildet.
Feinschmeckern dürften die kleine Gemeinde und ihr unmittelbares Umland bekannt sein, denn hier wachsen die Trauben für den fruchtigen, perlenden Rotwein „Lambrusco Grasparossa” – oft in Bio-Qualität. Außerdem werden hier regionale Pasta-Spezialitäten, Parmigiano Reggiano und Aceto Balsamico Tradizionale hergestellt, die es direkt vor Ort bei den Produzenten oder in vielen netten Trattorien zu verkosten gibt.
Die ländlichen Agriturismi der Region, in denen man übernachten und sehr gut essen kann, haben frittierte Teigtaschen („gnocco fritto“), handgemachte Tortelloni mit Ricotta und Spinat und weitere lokale Spezialitäten auf ihren Menükarten – meist als unverfälschte und traditionell zubereitete Hausmannskost, manchmal aber auch mit verfeinerten Gourmet-Ambitionen.
Castello di Rivalta: Staunen, speisen, schlafen
Die holländische Königsfamilie, Mode-Zar Giorgio Armani und die italienische Star-Influencerin Chiara Ferragni zählen zu den prominenten Gästen der imposanten Burg von Rivalta. Sie steht südlich von Piacenza in einem zauberhaften, mittelalterlichen Weiler und wird seit dem 13. Jahrhundert von den Grafen Zanardi Landi bewohnt.
Die beeindruckende Festung mit ihren mehr als 50 Sälen ist für den Privatgebrauch aber viel zu groß. Deshalb kann das Castello di Rivalta nicht nur im Rahmen von Führungen besichtigt, sondern auch wie ein Hotel bewohnt werden. Romantiker lieben den prachtvollen, historischen Rahmen für prunkvolle Hochzeitsfeiern, Gourmets kommen zum Essen vorbei, Kunstliebhaber, um die Ausstellungen der Familien-Sammlung zu bewundern.
Regelmäßig finden Konzerte, Aufführungen, Benefiz-Veranstaltungen und Präsentationen in den teilweise mit Originalmobiliar und Textilien aus dem 15. Jahrhundert ausgestatteten Räumen statt. Wer lieber im Freien bleibt, lustwandelt durch den großen, gepflegten und wunderbar stillen Schlosspark.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.