Kitzbüheler Alpen: Still-Leben in der schönen Wildschönau

In der Wild­schönau – ei­nem be­schau­li­chen Hoch­tal in den Kitz­bü­he­ler Al­pen – steht die Zeit still. Tief ge­drückt ist die Pau­se­taste des all­täg­li­chen Le­bens, und da­mit es ja nicht zu früh die Mu­sik bis­he­ri­ger Zei­ten spie­len kann, ist sie mit Te­sa­film fi­xiert. Si­cher ist si­cher. Zum Schutze al­ler. Und das ist auch gut so.

Auf der Haupt­straße, die durch die Kirch­dör­fer Nie­derau, Oberau und Auf­fach führt, ist es ru­hig. Ei­ner von we­ni­gen, der sie noch nutzt, ist Jo­hann Schö­nauer: Der Chef-Kä­ser der Wild­schö­nauer Schön­an­ger­alm und muss wö­chent­lich zur Kä­se­pflege aus­rü­cken. Für ihn ist Käse sys­tem­re­le­vant.

„Käse kennt kei­nen Still­stand. Und kein Co­rona“, sagt er und nimmt die knappe Stunde Au­to­fahrt von sei­nem Zu­hause bei Kös­sen bis in den hin­ters­ten, aber viel­leicht idyl­lischs­ten Win­kel der Wild­schönau gerne in Kauf. An die 300 Laibe Alm­käse, Til­si­ter und Em­men­ta­ler hat er zu wen­den und zu bürs­ten. Sie­ben Stun­den kann die ganze Pro­ze­dur dau­ern.

Manch­mal hilft ihm sein Neffe. Ge­re­det wird im Kä­se­kel­ler den­noch nicht. Und nach­ge­dacht? Auch nicht. „Du bist nur beim Käse. Wenn du grü­belst, kannst du dich nicht voll in den Käse hin­ein­füh­len. Liebe und Herz, man muss al­les ge­ben.“ Nur dann wird der Käse rich­tig gut. Wie viel Zu­nei­gung in Jo­hann Schö­nau­ers Käse steckt, da­von zeu­gen die zahl­rei­chen Gold­me­dail­len, die er re­gel­mä­ßig von der Käse-Olym­piade in Gal­tür mit­bringt.

Wenn Jo­hann mit dem Kä­sestrei­cheln fer­tig ist, dreht er noch eine Runde mit „Berg­mann”, sei­nem Hund. Je­den Som­mer ver­brin­gen sie hier ge­mein­sam auf der Alm, un­ter­halb von Läm­pers­berg und Breit­egg­spitze. Sie ge­nie­ßen die Ab­ge­schie­den­heit der Berg­welt ebenso wie die Be­su­che von Ein­hei­mi­schen und Tou­ris­ten, die Käse kau­fen und ei­nen Blick in die Schau­kä­se­rei wer­fen.

Wäh­rend Berg­mann zwi­schen den Bü­schen nach Hun­d­e­post schnüf­felt, hat Jo­hann doch Zeit für ein paar Ge­dan­ken: „In den letz­ten Jah­ren hatte ich im Som­mer im­mer Angst, dass mir der Käse nicht reicht. Wie das heuer wohl wird?“ Nichts­des­to­trotz freut er sich, wenn im Früh­som­mer die Al­men wie­der öff­nen, er die Kühe wie­der­sieht und er sich hof­fent­lich dann wie­der rund um die Uhr um sei­nen Käse küm­mern muss.

Viel­leicht hat der Still­stand jetzt auch et­was Gu­tes. „So viel Zeit hatte ich noch nie.“ Denn auch sein Win­ter-Job als Mas­seur in ei­nem Vier-Sterne-Ho­tel ruht. Ge­nug Ent­schleu­ni­gung also, um zu er­ken­nen, was viel­leicht wirk­lich zählt, dass man auch mit we­ni­ger aus­kom­men kann und, dass es ein­fach wich­tig ist, ge­sund zu blei­ben. Apro­pos Ge­sund­heit: Jo­hann schwört na­tür­lich auf Käse, ein­zu­neh­men mor­gens und abends. Ab und an darf es ein Gläs­chen Schnaps sein.

Lebensmittel vom Prädastenhof

Ein bes­se­res Re­zept hat Ge­org Lo­in­ger der­zeit auch nicht pa­rat. „Mo­men­tan kannst ein­fach nur Kaf­fee­sud le­sen und ab­war­ten.“ Aber ei­gent­lich hat er da­für über­haupt keine Zeit. Er muss die Le­bens­mit­tel, die er auf sei­nem Präd­as­ten­hof pro­du­ziert, ins Tal zum Su­per­markt brin­gen, mit dem er seit gut zwei Jah­ren ko­ope­riert: Grau­käse, But­ter­milch, But­ter, Eier, Nu­deln, Frisch­milch, ver­schie­dene Jo­ghurts­or­ten so­wie Ka­min­wurzn und Speck.

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„Der Ver­kauf läuft wirk­lich rich­tig gut, die Nach­frage ist groß – trotz Krise, trotz feh­len­der Tou­ris­ten. Die Ein­hei­mi­schen sind zu­hause und ha­ben Zeit zum Ko­chen. Viele be­sin­nen sich dar­auf, re­gio­nal ein­zu­kau­fen und ge­win­nen da­durch wie­der ein Ge­fühl für die Wer­tig­keit ei­nes Pro­dukts.“

Die Wert­schät­zung von Na­tur­pro­duk­ten war be­reits vor Jah­ren sein An­trieb zur Di­rekt­ver­mark­tung. „Un­ser Hof liegt to­tal ru­hig und ab­ge­schie­den am Ende des Tals auf 1100 Me­ter Höhe. Für Ab-Hof-Ver­kauf ist das eher un­güns­tig, da­her die Ko­ope­ra­tion im Tal. Zum Le­ben aber ist es ein­fach ein Traum.“ Und zum Ur­laub ma­chen. Er hofft, dass er bald seine große Fe­ri­en­woh­nung am Hof, die nahe ge­le­gene Alm­hütte und das Cha­let wie­der an Gäste ver­mie­ten kann.

„Wer nach Co­rona Ruhe und Ab­stand ge­win­nen möchte, ist hier wirk­lich rich­tig“, ver­spricht Lo­in­ger. Rund um den Präd­as­ten­hof zie­hen sich zu­dem viele Wan­der­wege, auf de­nen man oft kei­ner Men­schen­seele be­geg­net – höchs­tens viel­leicht sich selbst. Für Ge­org steht fest: Wei­ter­ma­chen und auch die Chan­cen in der Krise se­hen. „Wenn es für das mensch­li­che Um­den­ken und die Rück­be­sin­nung aufs We­sent­li­che ge­reicht, dann ist schon viel ge­won­nen.“

Schnaps und andere Desinfektionsmittel

Wäh­rend Ge­org Lo­in­ger in die Zu­kunft blickt, schaut Sigi Kistl auf sei­nem uri­gen Zweck­lhof in den lee­ren Brenn­kes­sel. Ei­gent­lich ist er auf die Her­stel­lung von Edel­brän­den, Li­kö­ren und Gin spe­zia­li­siert. Es ist sein zwei­tes Stand­bein ne­ben der Land­wirt­schaft. Seine Haupt­pro­duk­ti­ons­zeit liegt zwar im Herbst, doch seine be­lieb­ten Schnaps­ver­kos­tun­gen sind der­zeit alle ab­ge­sagt.

Aber der Al­ko­hol ist ebenso da wie das Re­zept der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion WHO für Des­in­fek­ti­ons­mit­tel und die Nach­frage und Not­wen­dig­keit steht ganz au­ßer Frage. Also wird Sigi ab so­fort die Är­mel hoch­krem­peln und Zau­ber­was­ser ge­gen Vi­ren zur äu­ße­ren Des­in­fek­tion her­stel­len. Zur in­ne­ren Rei­ni­gung da­ge­gen emp­fiehlt sich eine Ma­rille oder Vo­gel­beere – oder gleich ein „Si­Gin“ aus der Wild­schönau.

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