Bisher erlaubte Saudi-Arabien nur die Einreise von Pilgern und Geschäftsreisenden sowie Besuche unter Verwandten. Theoretisch konnten zwar auch Touristen einreisen, gewünscht war das aber eigentlich nicht: Die Beantragung eines Visums war zeitaufwändig, teuer und praktisch nur für Gruppen über einen Reiseveranstalter möglich.
Die neue Regelung gilt für Bürger aus 49 Ländern. Dazu gehören unter anderem alle Staaten der EU, die Schweiz, die USA, Kanada, Russland, China, Südkorea, Japan, Australien und Neuseeland. Sie können auch ein E‑Visum oder ein Visum bei der Einreise beantragen. Neben E‑Kiosks an den Flughäfen wurde dafür ein spezielles Portal auf visitsaudi.com freigeschaltet.
Das Visum ist ein Jahr lang gültig – auch für mehrere Einreisen. Bei jeder Einreise dürfen die Touristen bis zu drei Monate in Saudi-Arabien bleiben, aber insgesamt nicht mehr als 90 Tage pro Jahr. Die Gebühr für die Beantragung eines E‑Visums oder eines Visums bei der Ankunft beträgt 440 SAR plus Mehrwertsteuer – umgerechnet 107 Euro.
Das saudische Innenministerium hat inzwischen auch einen Katalog mit Verhaltensregeln veröffentlicht. Im Gegensatz zu den Einheimischen müssen ausländische Besucherinnen im ultrakonservativen Königreich keine komplett verhüllende „Abaya” tragen. Nur Schultern und Knie müssen bedeckt sein – und die Garderobe sollte generell nicht körperbetont sein. Letzteres gilt auch für Männer.
Nicht erlaubt sind unter anderem die „öffentliche Zurschaustellung von Zuneigung”, das Fotografieren und Filmen von Personen ohne deren Erlaubnis, Musikhören während der Gebetszeiten und natürlich der Genuss von Alkohol. Für die Überwachung sind nicht die islamischen Sittenwächter zuständig, sondern die staatliche Polizei.
Erlaubt ist ist es hingegen weiblichen Touristen, alleine durch das Land zu reisen, während sich Frauen aus Saudi-Arabien auch weiterhin nicht ohne männliche Begleitung frei bewegen dürfen. Bei Verstößen gegen die insgesamt 19 Regeln drohen Geldbußen zwischen 50 und 6.000 SAR – umgerechnet 12 bis 1.500 Euro.
Auf die Touristen warten in Saudi-Arabien fünf UNESCO-Welterbestätten, unglaubliche 10.000 historische Sehenswürdigkeiten und 13 Regionen mit einer jeweils eigenen Geschichte, Kultur und und Tradition. Die überraschend facettenreiche Landschaft reicht von der grünen Bergwelt von Asir über das kristallklare Wasser des Roten Meeres und die schneebedeckten Ebenen von Tabuk bis zum Treibsand des „Leeren Viertels”.
Dazu kommt eine lebendige zeitgenössische Kulturszene, zu der beispielsweise das King Abdulaziz Centre for World Culture in Dhahran, Skulpturenparks, Kunstgalerien, Modenschauen, literarische Events und das erste Red Sea International Film Festival im März 2020 gehören. Weiterhin nicht zugänglich bleiben hingegen die Pilgerstätten in Mekka und Medina – es sei denn, der ausländische Besucher ist ein Muslim.
Mit der Öffnung für den Tourismus und den neuen Touristen-Visa will Saudi-Arabien die Wirtschaft des Landes breiter aufstellen und seine Abhängigkeit von den Ölexporten reduzieren. Die „Vision 2030” hat sich das ehrgeizige Ziel von 100 Millionen Übernachtungen internationaler und einheimischer Gäste bis 2030 gesetzt. Dann soll der Tourismus bis zu 10 Prozent des nationalen BIP ausmachen. Derzeit sind es 3 Prozent.
In der ersten Phase des Programms von 2019 bis 2022 werden schwerpunktmäßig neue Touristen angelockt, um „Saudi-Arabien zu entdecken”. Dafür werden mehr als 20 neue Touristenstätten entwickelt. In der zweiten Phase ab 2022 sollen die Besucher dann „Saudi-Arabien erleben”. Entsprechende Megaprojekte – darunter die futuristische Stadt NEOM, Amaala, das Red Sea Project, Al-Ula, Diriyya und der Freizeitpark Qiddiya in der Nähe von Riad – befinden sich bereits im Bau.
„Heute schreiben wir Geschichte. Zum allerersten Mal öffnen wir unser Land für Touristen aus aller Welt”, wird Ahmad Al-Khateeb, Vorsitzender des Ausschusses für Tourismus und Tradition von Saudi-Arabien, in einer Aussendung zitiert: „Wer eine Reise nach Saudi-Arabien erwägt, wird nirgendwo auf der Welt eine herzlichere Begrüßung erleben. Und man findet nirgendwo ein Volk, das stolzer darauf ist, die Schätze seines Landes mit den Besuchern zu teilen.”