Das Northern Territory in Australien ist vor allem für seine endlose Weite, Naturwunder wie den roten Felsen Uluru und eine mystische Ruhe bekannt. Seine lebhafte Seite zeigt die Region bei einzigartigen und teils recht skurrilen Festen und Festivals. Dabei werden unter anderem Boote aus Bierdosen gebastelt und Wettrennen mit Kamelen veranstaltet.
Parrtjima: Das Festival des Lichts
Die 60.000 Jahre alte Aborigine-Kultur fasziniert viele Menschen rund um den Globus. Beim einzigen authentischen Aborigine-Festival Australiens – dem „Parrtjima“ – zelebriert das Northern Territory immer im April elf Tage lang die Kunst und Lebensart mit einem Lichtermeer. In den zehn Festivalnächten erhellen Tausende bunter Lichter die imposanten, 300 Millionen Jahre alten West MacDonnell Ranges bis zum Alice Springs Desert Park.
In interaktiven Workshops, bei Ausstellungen, Touren und Aufführungen wird die Lebensart und Kunst der Arrernte-Aborigines beleuchtet. Sie bereiten traditionelle Gerichte aus Outback-Zutaten vor und musizieren mit Didgeridoos. Die Besucher sehen bei Ausstellungen die berühmten Punkt-Zeichnungen der Aborigines, die auf der ganzen Welt in Kunstgalerien zu finden sind. Die Teilnahme am Festival in und rund um Alice Springs ist kostenlos.
Genuss pur im Kakadu Nationalpark
Der UNESCO-geschützte Kakadu Nationalpark im Top End des Northern Territory wird jedes Jahr im Mai zum Schauplatz eines der berühmtesten kulinarischen Festivals des Kontinents. Bei „Taste of Kakadu“ treffen nationale und internationale Köche auf Aborigines. Gemeinsam kochen sie unter anderem sogenannte „Bush Tucker“. Diese traditionellen Gerichte bestehen aus Zutaten, die die Aborigines seit Jahrtausenden in der Natur sammeln und weiterverarbeiten.
Dazu zählen unter anderem Buschtomaten, Davidson-Pflaumen oder Succulenten – vier von mehr als 1.700 Pflanzenarten, die im Kakadu Nationalpark zu finden und großteils auch essbar sind. Unter Anleitung der Aborigines interpretieren die Köche die teils Jahrtausende alten Rezepte neu und servieren sie den Besuchern bei unzähligen Pop-up-Events im Nationalpark. Die Festival-Besucher können sich außerdem bei geführten Wanderungen selbst auf die Suche nach den außergewöhnlichen Zutaten machen oder bei Bootstouren den berühmten Barramundi angeln.
Auf Kamelen in den Sonnenuntergang
Normalerweise sind im roten Zentrum Australiens alle Blicke auf den berühmten Uluru gerichtet. Der alljährliche „Camel Cup“ auf einer nur wenige Kilometer entfernten Kamelfarm stiehlt ihm aber an einem Wochenende im Mai kurz die ungeteilte Aufmerksamkeit. Am Freitag beginnt das Festival mit einer bunten Party, bei der jeder Gast auf seinen Favoriten setzen kann. Am Samstag finden dann die eigentlichen Rennen vor der Kulisse des Uluru statt, bei denen die Kamele verschiedene Distanzen absolvieren.
Als Rahmenprogramm gibt es Kostümpartys, Paraden, Helikopterflüge und Aktionen für Kinder. Teile des Erlöses werden für einen guten Zweck gespendet. Kamele zählen zu den beliebtesten Tieren im Northern Territory. Bereits in den frühen 1800er-Jahren kamen sie nach Australien, da die widerstandsfähigen Tiere dem heißen Wüstenklima trotzten und somit im roten Zentrum gut eingesetzt werden konnten. Zudem sind Kamele überaus intelligent: Sie haben durchschnittlich den IQ eines zwölfjährigen Kindes.
Alice Springs Beanie Festival
Selbstgestrickten Mützen in allen Formen und Farben ist im Northern Territory ein ganzes Festival gewidmet: Das gemeinnützige „Alice Springs Beanie Festival“ wurde ursprünglich 1997 als „Beanie Party“ im beschaulichen Rahmen gestartet, zieht aber inzwischen Hunderte Beanie-Fans aus Australien und aller Welt gegen Ende Juni nach Alice Springs im Roten Zentrum, um ihre Kreationen zu präsentieren.
Der karitative Grundgedanke ist aber erhalten geblieben: Damals wie heute soll die Strickkunst von Aborigine-Frauen vorgestellt und verkauft werden. Zudem ermöglichen die Einnahmen des Festivals verschiedene Workshops für Aborgine-Frauen, in denen sie das Strickhandwerk erlernen. Dieser gute Zweck verbindet sich mit der guten Laune der Teilnehmer und knallbunten Beanies zu einem unvergesslichen Festival.
In den vergangenen Jahren nahmen bis zu 4.000 Mützen-Künstler an dem dazugehörigen Wettbewerb teil, bei dem die schönste Beanie der Welt gekürt wird. Nach der Wahl können die Kunststücke aus Wolle bei einer Ausstellung bewundert werden. Neben Ausstellung und Workshops gibt es in Alice Springs an den Festival-Tagen auch Musik, Tanz und Essensstände.
Territory Day: Feuerwerke zum Feiertag
Feuerwerke sind in Australien eigentlich verboten. Eine Ausnahme gibt es im Northern Territory: Beim offiziellen Feiertag des Territoriums am 1. Juli dürfen bunte Raketen nach Herzenslust in die Luft geschossen werden. Wer selbst keine Vulkane und Feuerräder entzünden möchte, schaut bei einer der offiziellen Feuerwerk-Shows zu. Besonders beliebt ist der Mindil Beach in Darwin: An den Streetfood-Ständen gibt es Köstlichkeiten aus aller Welt für ein Picknick am Strand, während leuchtende Feuerwerkskörper den Nachthimmel über der Timor Sea erhellen.
Boote aus Bierdosen in Darwin
Upcycling mal anders: Bei der seit 1974 veranstalteten „Darwin Lions Beercan Regatta“ in der Hauptstadt des Northern Territory müssen die Teilnehmer ihre Boote selbst bauen – und zwar aus Bierdosen, Plastikflaschen oder Milchtüten. Der Spaßwettbewerb, der immer im Juli stattfindet, hat eine Hauptregel: Die selbstgebauten Boote dürfen nicht vorher getestet werden. Sollten sie nach dem Start am Mindil Beach untergehen, gehört das zu den lustigsten Szenen des Tages.
Das eigentliche Bootsrennen ist aber nicht der einzige skurrile Wettbewerb an diesem Tag: Es gibt zudem noch einen Flip-Flop-Weitwurf und die „Henley-on-Mill-Regatta“, bei der die Teilnehmer ihre Boote an Land tragen und damit um die Wette rennen müssen. Bei der allerersten Regatta 1974 kamen 20.000 Zuschauer, was der Hälfte der damaligen Bevölkerung von Darwin entsprach. Heute ist die Begeisterung ungebrochen: Aus ganz Australien reisen Fans an. Organisiert wird der Event von den Lions Clubs in Darwin. Die Erlöse aus der Anmeldegebühr kommen daher einem wohltätigen Zweck zugute.
Das Northern Territory ist das Tor nach Australien: Die Region erstreckt sich vom tropischen Top End im äußersten Norden über das endlose Outback bis zum eindrucksvollen roten Zentrum mit den Wüsten um Alice Springs. Neben der mehr als 50.000 Jahre alten Kultur der Aborigines beherbergt die Region eine einzigartige Tierwelt und zahlreiche Naturschätze – darunter den Uluru (Ayers Rock) als Wahrzeichen des Kontinents und das UNESCO-Weltnatur- und Weltkulturerbe des Kakadu Nationalpark.
Autor: Wolfgang Tropf
Wolfgang ist seit 26 Jahren als Reisejournalist tätig. In dieser Zeit hat er insgesamt 2.700 Tage auf Reisen im Ausland verbracht und dabei 118 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – die meisten davon mehrfach. Worüber er hier auf travel4news schreibt, kennt er daher fast immer aus eigenen Erfahrungen.